- Die Tui-Eigentümer haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bund Großaktionär bei dem existenzbedrohten Touristikkonzern werden darf.
- Aber die privaten Teilhaber müssen ebenfalls drauflegen.
Der deutsche Staat kann sich nach der Lufthansa nun auch in größerem Umfang an der Tui als einem weiteren angeschlagenen Unternehmen der Reisebranche beteiligen. Die Eigner des schwer von der Coronakrise getroffenen Touristikkonzerns stimmten am Dienstag mit großer Mehrheit einem entsprechenden Recht zum Umtausch von Vermögenseinlagen in Aktien zu.
Damit ist der Weg für den Bund frei, mit insgesamt bis zu 25 Prozent plus einem Anteilsschein bei der Tui einzusteigen - in dieser Höhe hätte er auch eine Sperrminorität und somit ein Mitspracherecht bei weiteren zentralen Entscheidungen.
EU-Kommission: Kartellrechtliche Voraussetzungen erfüllt
Das Unternehmen hatte seine Eigentümer zu einer außerordentlichen Hauptversammlung zusammengerufen, die wegen der Pandemie-Beschränkungen online ausgerichtet wurde. Dabei schufen die Aktionäre die letzten formalen Voraussetzungen für eine größere staatliche Beteiligung.
Die EU-Kommission hatte zuvor am Montagabend in Brüssel erklärt, dass die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen für bis zu 1,25 Milliarden Euro an deutschen Hilfen aus ihrer Sicht erfüllt sind.
Im Einzelnen geht es dabei um eine stille Beteiligung an Tui von 420 Millionen Euro, die der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) laut Beschluss der Aktionäre nun in direkte Anteilsscheine umwandeln darf. Zudem umfasst das Paket eine ebenfalls wandelbare Anleihe im Wert von 150 Millionen Euro, für die bereits im Spätsommer die wesentlichen Bedingungen geklärt worden waren.
Hinzu kommt jetzt noch eine zweite, allerdings nicht wandelbare stille Beteiligung von bis zu 680 Millionen Euro. Die genaue Ausschöpfung dieses letzten Teils ist unter anderem abhängig davon, ob sich das Land Niedersachsen am Tui-Hauptsitz Hannover bereiterklärt, eine Summe von bis zu 400 Millionen Euro mit einer eigenen Garantie abzusichern.
Dies ist - wie auch die Frage staatlicher Beteiligungen an Aktiengesellschaften generell - umstritten, wie bereits bei der Lufthansa oder bei der Commerzbank in der Finanzkrise nach 2008.
Coronakrise: Tui war der erste deutsche Großkonzern, den der Staat finanziell unterstützte
Im Frühjahr war Tui das erste deutsche Großunternehmen, dem der Bund finanziell unter die Arme griff. Insgesamt wurden dem Konzern einschließlich privater Mittel im Rahmen dreier Hilfspakete mittlerweile 4,8 Milliarden Euro an Unterstützung zugesprochen, um die Umsatzeinbrüche in der Viruskrise aufzufangen.
Der Löwenanteil entfällt dabei auf Darlehen, die über die bundeseigene Förderbank KfW oder ein Konsortium mehrerer Geschäftsbanken abgewickelt werden.
Außerdem brachten die Tui-Aktionäre am Dienstag ebenfalls mit großer Mehrheit eine Kapitalerhöhung von rund 500 Millionen Euro auf den Weg. Die zusätzlichen Aktien sollen ergänzendes Geld in die Kasse bringen. Die Beteiligungsfirma der russischen Milliardärsfamilie Mordaschow hatte sich als bisher größter Eigner schon vorab verpflichtet, ihre Bezugsrechte voll wahrzunehmen. © dpa
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