Schneechaos, Fahrplanwechsel und jetzt auch noch Warnstreiks: Für 24 Stunden bestreikt die Gewerkschaft GDL den Personenverkehr auf der Schiene, für 28 Stunden zudem den Güterverkehr.
Der Warnstreik auf der Schiene kurz vor dem zweiten Adventswochenende hat bundesweit begonnen. Seit Donnerstagabend, 22.00 Uhr, wird der Personenverkehr der Deutschen Bahn bestreikt, wie ein Bahn-Sprecher auf Anfrage bestätigte. Die Lokführergewerkschaft GDL hat ihre Mitglieder aufgerufen, bis Freitagabend, 22.00 Uhr, die Arbeit niederzulegen. Im Güterverkehr hatte der Ausstand bereits um 18.00 Uhr begonnen.
Für die Fahrgäste gehen die leidvollen Zeiten auf der Schiene damit weiter, nachdem es zuletzt aufgrund des Wintereinbruchs schon zu vielen Beeinträchtigungen vor allem in Bayern kam.
Im Fernverkehr will die Bahn während des Warnstreiks rund 20 Prozent des Angebots aufrecht erhalten. Im Regionalverkehr werden die Auswirkungen sehr unterschiedlich sein. Im weiter vom Schneechaos betroffenen Bayern dürfte so gut wie nichts fahren. Insbesondere im Nordwesten des Landes, wo die GDL traditionell weniger stark vertreten ist, könnte es Fahrgäste weniger stark treffen.
Der Donnerstag hielt in Sachen Bahn aber auch eine für Fahrgäste erfreuliche Nachricht parat: Der aktuelle Warnstreik ist der letzte auf der Schiene im laufenden Jahr. GDL-Chef Claus Weselsky hat bis einschließlich 7. Januar weitere Arbeitskämpfe ausgeschlossen. Damit kommt es am Ende doch zum lange ersehnten Weihnachtsfrieden, den die Bahn schon vor dem Beginn der Tarifauseinandersetzung Anfang November gefordert hatte. Danach ist dann aber wieder alles möglich. Die Streiks im neuen Jahr würden "länger und intensiver", sagte Weselsky am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk.
Großer Rückstau im Güterverkehr erwartet
Während die Züge im Personenverkehr aller Voraussicht nach am Samstag wieder weitestgehend normal fahren werden, dürften die Auswirkungen im Güterverkehr noch über das Wochenende hinaus zu spüren sein - der Rückstau nach dem plötzlichen Wintereinbruch war zu Beginn des Warnstreiks noch gar nicht komplett abgebaut. "Mit Beginn des Streiks warteten 170 Güterzüge der DB Cargo auf Weiterfahrt, jetzt werden weitere Züge abgestellt. Es ist zu befürchten, dass sich diese Zahl verdoppelt", sagt ein Bahn-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.
Vom Warnstreik betroffen ist nicht nur die Deutsche Bahn, auch der Wettbewerber Transdev wird von der GDL bestreikt. Beide Tarifverhandlungen hat die Gewerkschaft inzwischen für gescheitert erklärt. Knackpunkt ist in beiden Fällen vor allem die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Arbeitgeber lehnen das bisher ab.
"Damit ignorieren die Unternehmen nicht nur die berechtigten Bedürfnisse der eigenen Beschäftigten", teilte Weselsky am Mittwoch mit. "Sie torpedieren zudem die dringend nötigen Maßnahmen zu einer erfolgreichen Personalgewinnung und setzen so fahrlässig die Zukunft des klimafreundlichsten Verkehrsmittels Eisenbahn aufs Spiel."
Mit dem Arbeitskampf setzt die GDL die Bahn kurz vor dem sogenannten großen Fahrplanwechsel an diesem Sonntag unter Druck. Dieser sieht eigentlich zahlreiche neue Fern- und Regionalverkehrsverbindungen und eine Aufstockung der Zugflotte vor. Doch bevor neue Züge auf die Schiene kommen, muss die Bahn nun zunächst zahlreiche umdisponieren. Von Donnerstag bis einschließlich Sonntag gilt wegen des Warnstreiks jeden Tag ein anderer Fahrplan - Dauerstress für die Beschäftigten in den Leitstellen. Bis zum Start des neuen Fahrplans sind die Streikauswirkungen im Personenverkehr aller Voraussicht nach aber kein Thema mehr.
Im Januar drohen längerer Arbeitskämpfe
Derzeit stimmen die Gewerkschaftsmitglieder per Urabstimmung über unbefristete Streiks ab. Das Ergebnis wird für den 19. Dezember erwartet. Weselsky rechnet eigenen Aussagen zufolge mit einer Zustimmung von 90 Prozent. Mehr als 75 Prozent sind nötig, wenn die GDL zu solchen Arbeitskämpfen aufrufen will. Die Mitglieder müssen die Maßnahme absegnen, denn Streiks können für sie ins Geld gehen. Das Streikgeld der Gewerkschaft gleicht in der Regel nur einen Teil der Lohn- und Gehaltseinbußen aus, die Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei Arbeitskämpfen entstehen können.
Ein Ausweg aus der Tarif-Misere ist derzeit nicht erkennbar. Rund zwei Wochen ist es her, dass die GDL die Verhandlungen bei der Bahn hat scheitern lassen. Viel miteinander geredet wurde seither dem Vernehmen nach nicht. Die Fronten sind insbesondere beim Thema Arbeitszeitreduzierung verhärtet. Zudem will die GDL ihren Einflussbereich ausweiten und bei der Bahn auch für die Beschäftigten der Infrastrukturtochter DB Netz Tarifverträge abschließen. Die Bahn lehnt das ab und verweist auf die dort bereits existierenden Tarifregelungen mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). (dpa/cgo)
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