Der Bundestag hat das vierte Bürokratieentlastungsgesetz verabschiedet. Es soll die Digitalisierung vorantreiben und unnötige Zettelwirtschaft beenden.
Weniger Formulare und Papierkram für Unternehmen und Verwaltung: Der Bundestag hat am Donnerstag für eine Reihe von Maßnahmen zum Bürokratieabbau in der deutschen Wirtschaft gestimmt.
Das vierte sogenannte Bürokratieentlastungsgesetz soll zu Einsparungen von jährlich fast einer Milliarde Euro führen. Geplant sind unter anderem folgende Erleichterungen:
- Deutsche müssen bei einer Hotelübernachtung keinen Meldeschein mehr ausfüllen.
- Der Aufbewahrungsfrist für Rechnungskopien, Kontoauszüge, Lohn- und Gehaltslisten sinkt von zehn auf acht Jahre.
- Arbeitgeber müssen die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an künftige Mitarbeiter aushändigen.
- Steuerbescheide sollen demnächst in der Regel digital bereitgestellt werden, wenn dies gewünscht wird.
- Die Personalausweis-Geheimnummer soll online zurückgesetzt werden können.
- Unternehmen sollen außerdem mehr Möglichkeiten zur Digitalisierung der Abläufe in ihren Personalverwaltungen erhalten.
Das Gesetz wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP sowie der CDU/CSU angenommen. Die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht stimmten dagegen, die AfD enthielt sich.
Textform statt Schriftform
Das Gesetz sieht ferner Erleichterungen für Steuerberaterinnern und Steuerberater vor. Diese können zum Beispiel künftig ohne Einwilligung der Empfänger Steuerbescheide digital bereitstellen - stattdessen ist eine Widerspruchslösung geplant.
Allein dadurch könne auf den Versand von 116 Millionen Briefen verzichtet werden, hieß es. Auch beim Aktienrecht sind Änderungen vorgesehen, so reicht es künftig bei einigen Beschlüssen auf der Hauptversammlung, diese danach auf der Internetseite zu veröffentlichten.
In den Personalverwaltungen soll die Digitalisierung vor allem dadurch vorangetrieben werden, dass künftig häufig die "Textform" statt der "Schriftform" reicht - etwa bei Änderungen am Arbeitsvertrag. Diese können auch elektronisch übermittelt werden, also per E-Mail, statt dass eine Unterschrift nötig ist. Das gilt auch für den Bereich der Leiharbeit.
Ausgenommen sind jedoch die Wirtschaftsbereiche, die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannt sind, also etwa der Bau, das Gastgewerbe, die Logistik und die Fleischwirtschaft.
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Justizminister
Zugleich sei auch Brüssel gefragt, fuhr Buschmann fort. Gut 60 Prozent der bürokratischen Lasten in Deutschland stammten aus EU-Recht. Das müsse sich mit der neuen EU-Kommission ändern.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte im Bundestag, Anekdoten von Handwerkern und aus dem Mittelstand darüber, welche bürokratischen Aufgaben sie alle hätten, seien manchmal "nur noch mit Humor zu ertragen". Zugleich verwies aber auch er auf EU-Recht und damit verbundene umfangreiche Berichtspflichten für deutsche Unternehmen.
Verbänden geht Gesetz nicht weit genug
Der Hotelverband Deutschland begrüßte den Wegfall "antiquierter Meldezettel für inländische Hotelgäste" - das fordere der Verband schon seit Jahrzehnten. Nun müsse noch eine "zeitgemäße Alternative für unsere ausländischen Gäste" folgen.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hält das Gesetz jedoch für "zu zögerlich, um spürbare Entlastungseffekte in der Breite des Handwerks zu erzielen". Nun müsse jährlich ein neues Entlastungsgesetz folgen.
Auch der Industrieverband BDI erklärte, das Gesetz sei "kleinteilig" und bleibe "weit hinter den Erwartungen von Unternehmen und den Erfordernissen für einen attraktiven Standort zurück". Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte ein eigenes Entlastungsgesetz für die Energiewirtschaft, denn Vorschläge aus diesem Bereich seien kaum berücksichtigt worden.
"Finanzwende" kritisiert kürzere Aufbewahrungszeiten
Die Bürgerbewegung Finanzwende stört sich vor allem an der Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für wichtige Dokumente wie Buchungsbelege und Rechnungen von zehn auf acht Jahre. So würden Ermittlungen von Cum-Ex- und Cum-Cum-Fällen deutlich erschwert, kritisierte sie nun erneut.
Vielmehr müssten die Fristen auf 15 Jahre verlängert werden, um auch dann noch schwere Steuerhinterziehung ahnden zu können, heißt es in einer kürzlich dazu gestarteten Petition. (afp/bearbeitet von fab)
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