Mit der Deutschen Bank und der Commerzbank könnten die beiden größten Privatbanken Deutschlands bald zu einer Art "Superbank" verschmelzen. Spekuliert wird über eine mögliche Fusion schon länger – jetzt gibt es offizielle Gespräche. Was ein Zusammenschluss kosten würde, wer davon profitiert und wo die Kunden bleiben: Die Antworten zu den wichtigsten Fragen.
Lange zierten sie sich, nun scheint der politische Druck Wirkung zu zeigen. Von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und Commerzbank-Chef Martin Zielke werden Antworten auf die Frage gefordert, ob eine Fusion der beiden Großbanken Sinn ergeben würde.
Bei der teilverstaatlichten Commerzbank hat zudem der Staat ein gewichtiges Wort mitzureden - der Druck auf die angeschlagene Deutsche Bank ist ebenfalls groß.
Wer will eigentlich die Fusion?
Die treibende Kraft ist die Politik. Schon lange gibt es den Wunsch nach einem "nationalen Champion" - einer starken deutschen Bank, die auch international wettbewerbsfähig ist und mit den großen chinesischen und US-amerikanischen Häusern dauerhaft mithalten kann.
Stehen die Banken wirklich so schlecht da?
In der Weltspitze spielen die beiden größten börsennotierten deutschen Banken seit geraumer Zeit nicht mehr mit. In der jüngsten Rangliste der Ratingagentur S&P liegt die Deutsche Bank nach Bilanzsumme auf Platz 15, die Commerzbank rutschte auf Rang 54
Auch der deutsche Bankenmarkt ist hart umkämpft, neben Privatbanken buhlen 384 Sparkassen und 875 Volks- und Raiffeisenbanken sowie etliche ausländische Institute um Privat- und Firmenkunden. Die historisch niedrigen Zinsen im Euroraum und hohe Regulierungskosten erschweren der Branche das Geldverdienen zusätzlich.
Bei der Deutschen Bank kamen hausgemachte Probleme hinzu, vor allem ein Berg juristischer Streitigkeiten, deren Beilegung Milliarden kostete und das Image des einst stolzen Branchenprimus beschädigte.
Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr zwar etwa zweieinhalb Mal so viel verdient wie die Deutsche Bank (865 Mio Euro), sieht sich bei ihrem seit Jahren laufenden Konzernumbau inklusive des Abbaus Tausender Stellen aber auch noch nicht am Ziel.
Das Institut stieg im Herbst angesichts eines ebenfalls kräftig gestutzten Börsenwertes sogar vom Dax in den MDax ab.
Wollen die Banken den Zusammenschluss?
Nicht wirklich. Bei der Bilanzvorlage Anfang Februar präsentierte sich Deutsche-Bank-Chef Sewing kämpferisch. Die Bank habe ein "stabiles Fundament" und eine "starke Bilanz".
Der Vorstand habe einen klaren Wachstumsplan für 2019: "Wir haben es selbst in der Hand."
Auch Commerzbank-Chef Zielke lächelte die Fusionsgerüchte weg: "Das ist etwas, das nicht neu ist. Es macht aber überhaupt keinen Sinn, solche Spekulationen zu kommentieren oder sich daran zu beteiligen."
Nun reden beide Seiten doch miteinander - "ergebnisoffen" wie sie am Sonntag betonten.
Welche Vorteile hätte eine Fusion?
Vor allem die Kosten könnten auf Dauer sinken. Schon im Sommer 2018, als die Gerüchte hochkochten, hatte das Analysehaus RBC die möglichen Einsparungen auf 2,1 Milliarden Euro beziffert.
Bei der Modernisierung der IT und beim Megathema Digitalisierung könnten die Institute Kräfte bündeln.
Mit mehr als 30 Millionen Privatkunden und größeren Marktanteilen im Firmenkundengeschäft könnte ein größeres Institut beim Thema Preisgestaltung gegenüber der Konkurrenz punkten.
Was spricht gegen einen Zusammenschluss?
Eine Fusion würde immens Arbeitsplätze kosten. Die Gewerkschaft Verdi rechnet im schlimmsten Fall mit dem Abbau von 30.000 Jobs, die Aktionärsvereinigung DSW sogar mit dem Rauswurf von bis zu 50.000 Mitarbeitern.
Ende 2018 beschäftigten die beiden Institute zusammen gut 133.000 Vollzeitkräfte. Ein Stellenabbau in dieser Größenordnung lässt sich aber nicht von heute auf morgen umsetzen - und er wird erhebliche Kosten verursachen.
Als weitere Hürde sehen Analysten einen möglicherweise sehr hohen Bedarf an frischem Kapital. Sollte das fusionierte Institut als systemrelevant eingestuft werden, würden Aufseher dickere Puffer für Krisenzeiten verlangen.
Insgesamt sind die Zweifel groß, dass eine Fusion die Probleme lösen würde - zumal die beiden Banken viele überlappende Geschäftsfelder haben.
Wo bleiben Kunden und Verbraucher?
Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller warnte vor einer Fusion zu Lasten der Verbraucher. "Steigende Preise und weniger Angebotsvielfalt können nicht der Kollateralschaden eines Banken-Champions sein", sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) der "Rheinischen Post" (Montag).
Verdi-Chef Frank Bsirske "leuchtet die Sinnfälligkeit dieser Fusion im Moment überhaupt nicht", wie er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" sagte. "Bank und Commerzbank ergänzen sich nicht sinnvoll." Sinnvoller wäre aus Sicht Bsirskes, der auch dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank angehört, "ein Crossover in internationaler Richtung".
Wie erfolgreich waren bisherige Banken-Fusionen?
Eher weniger. Die Dresdner-Bank-Übernahme mitten in der Finanzkrise 2008 brachte die Commerzbank an den Rand des Abgrunds. Steuermilliarden retteten das Institut, das mit der Integration der kriselnden Dresdner Bank drei Jahre zu schaffen hatte.
Die Deutsche Bank hat die Integration der Postbank auch fast zehn Jahre nach der Übernahme des Bonner Instituts nicht bewältigt.
Skeptiker befürchten, die Institute könnten im Falle einer Fusion über Jahre mit sich selbst beschäftigt sein - ausgerechnet in einer Zeit, in der aufstrebende Finanz-Start-ups sowie Tech-Konzerne wie Apple, Google und Co. den Geldhäusern zunehmend Konkurrenz machen.
Wie könnte der Staat eingreifen?
Bei der Commerzbank hat der Staat über seine Aktienbeteiligung direktes Mitspracherecht. Aber auch die Möglichkeit, Druck auf die angeschlagene Deutsche Bank aufzubauen, ist nicht zu unterschätzen.
Finanzstaatssekretär Jörg Kukies, der zuvor Deutschlandchef von Goldman Sachs war, traf sich offiziellen Angaben zufolge allein im vergangenen Jahr fast zwei Dutzend Mal mit führenden Vertretern der Deutschen Bank.
Auf ungeteilte Zustimmung trifft solches Engagement freilich nicht. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte schon im September dem "Handelsblatt", er wäre "vorsichtig (...) damit, Zusammenschlüsse politisch zu forcieren. Sie müssen einer betriebswirtschaftlichen Logik folgen."
Weidmann bekräftigte: "Wir haben nicht die Erfahrung gemacht, dass staatliche Einmischung dabei nützlich ist." (dpa/dh)
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