Anfang Juni wurde das endgültige Aus von Schlecker besiegelt. Nun stehen 25.000 Schlecker-Frauen auf der Straße. Erika Müller* (44), Abitur und gelernte Apothekenhelferin, hat 25 Jahre bei Schlecker in der Eifel gearbeitet - als Kassiererin. Zuletzt war sie auch im Betriebsrat. Sie hat uns erzählt, wie sie heute zurechtkommt und wie es weitergehen könnte.

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Überraschend kam es nicht

Nicht die Vorgesetzten teilten ihr das endgültige Aus von Schlecker mit, sie erfuhr es durch einen Anruf der Presse. Ein Zufall, denn man wollte ein schnelles Statement von ihr. Längst war die Großpleite zum Medien-Thema geworden.

Doch auch für Erika Müller kam die schlechte Nachricht nicht wirklich überraschend. "Seit ich hier arbeite, hat sich einfach nichts geändert", erzählt sie. Weder die Läden, noch das Warenwirtschaftssystem seien in ihrer Zeit modernisiert worden. "Die einzige Neuerung in 25 Jahren, das war die Einführung der Scanner-Kasse." So sei Schlecker einfach nicht mehr konkurrenzfähig gewesen. Für Erika Müller wurde das schon lange vor dem Ende deutlich.

Hinzu kam, so Müller, dass nach Euro-Einführung die Preise massiv angehoben wurden. Für den guten Ruf der Läden sei dies tödlich gewesen und Schritte zu einer Verbesserung des Images habe es nicht gegeben. Frau Müller ist nicht nachtragend, doch sie empfindet es als bitter und ungerecht, dass die Fehler Einzelner am Ende 25.000 Mitarbeiter den Job kosteten. Auch der Politik gibt sie eine Mitschuld an der jetzigen Situation. Eine Transfergesellschaft hätte es nach ihrer Ansicht geben müssen. "Frauen werden einfach benachteiligt", findet Müller. Und sie ist sich sicher, dass es in der männerdominierten Automobilbranche eine solche Transfergesellschaft gegeben hätte.

Die Aussage von Meike Schlecker, dass kein Geld mehr da sei, kann Frau Müller nur belächeln. Man habe ja ständig Geld aus dem Konzern herausgezogen, das nun für eine Rettung fehle. Ob es ein persönlicher Schicksalsschlag sei? Nein, das sei ein zu großer Begriff. Sie ist einfach nur wütend.

Die Zukunft ist unsicher

Die meisten ehemaligen Schlecker-Frauen wissen nicht, wie es künftig weitergeht. Viele machen nun zunächst ein unbezahltes Praktikum im Verkauf, obwohl sie seit Jahrzehnten in der Branche tätig sind. Es würden auch verschiedene Programme durch die Agentur für Arbeit angeboten, erzählt Müller. Neue Stellen hätten bisher jedoch nur wenige erhalten, zumindest in ihrer Region. Natürlich, manche Verkäuferin sei direkt zu Rossmann gewechselt, aber eben nur auf 400-Euro-Basis. Trauer und Verzweiflung gebe es da schon. Frau Müller selbst hat noch keine Kündigung erhalten, sondern lediglich eine Freistellung. Kommt das Papier, will sie Kündigungsschutzklage einreichen. Ja, der Anwalt sei bereits eingeschaltet.

Noch weiß Frau Müller nicht, wie der Alltag in Zukunft aussehen wird. Als Betriebsrätin ist sie für weitere zwei Monate an der Insolvenzabwicklung beteiligt und schreibt die Zeugnisse für ehemalige Kolleginnen. Danach will sie die Branche wechseln und wird eine Umschulung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin antreten. Allerdings muss sie dann auch eine Bezuschussung bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen. Anders sei nicht über die Runden zu kommen.

Ihre Zeit bei Schlecker wird sie vermissen, da ist sich Müller schon heute sicher. Und warum der Begriff "Schlecker-Frau" ein Kandidat für das Unwort des Jahres werden könnte, das versteht sie schon gar nicht. Sie sei immer stolz gewesen, eine "Schlecker-Frau" zu sein. Und nicht nur sie. Als der Ausverkauf in ihrer Filiale startete, habe man das Geschäft gemeinsam in Würde verabschiedet. "In dieser Zeit gab es keine einzige Krankmeldung." (mac)

* Name von der Redaktion geändert.

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