Die Nachricht, dass die US-Ratingagentur Standard & Poors das Rating für die Europäische Union von der Bestnote "AAA" auf "AA+" gesenkt hat, löst bei vielen Ängste im Bezug auf eine neue Eurokrise aus. Was die Herabstufung in der Praxis bedeutet und welche Folgen sie haben kann, erklärt ein Experte auf unsere Anfrage.

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Große Emotionen löst die morgendliche Nachricht aus London bei Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) nicht aus: "Ich denke, das sollte man nicht überdramatisieren." Schließlich habe man bereits in den letzten Monaten einige Abstufungen gesehen. Betroffen waren davon Frankreich, Italien, Spanien, Malta, Slowenien, Zypern und die Niederlande, "ohne, dass dies gravierende Auswirkungen auf die Finanzmärkte im weiteren gehabt hätte." Matthes argumentiert auch mit den Ratings der anderen Agenturen, die Europa nach wie vor Bestnoten gäben.

Die allermeisten Indikatoren zeigen nach Angaben des Experten für internationale Wirtschaftspolitik "wenn auch nicht mit großem Tempo", aber doch in die richtige Richtung. "Wir sehen keinerlei Gefahr für eine drohende Zuspitzung", beruhigt er. Gleichwohl gebe es einige Stolpersteine im nächsten Jahr, etwa die weitere Zukunft in Griechenland und die Bankenunion. "Wir sind aber auf jeden Fall weit entfernt von einem massiven Krisenszenario, wie wir das noch vor zwei Jahren hatten", kommentiert er.

Die Abstufung betrifft nicht die Kreditfähigkeit der Einzelstaaten, sondern nur der EU insgesamt. Laut S&P hat die Union derzeit Anleihen im Volumen von 56 Milliarden Euro im Umlauf, welche überwiegend für Irland und Portugal benötigt werden. Bei den einzelnen Staaten behalten Deutschland, Großbritannien, Luxemburg, Dänemark, Schweden und Finnland das Rating "AAA", was für ein Kreditausfallrisiko gleich Null steht.

Matthes sieht in der Abstufung nur die Konsequenz der Entscheidungen, die vorher schon von S&P getroffen wurden. Dabei hätten die Abstufungen keine gravierenden Folgen gehabt. "Die Ratingagenturen haben in letzter Zeit an Durchschlagskraft und Fähigkeit, die Finanzmärkte zu bewegen, verloren", konstatiert er.

Ähnlich unaufgeregt nahmen die EU-Spitzen die Nachricht zur Kenntnis. Kommissionschef Jose Manuel Barroso unterstrich am Rande des Gipfels in Brüssel, dass die EU "null Defizit, null Schulden" habe. "Wir stimmen mit dieser Einschätzung nicht überein", unterstrich er. Barroso bezeichnete die EU als eine "extrem glaubwürdige Finanzorganisation". Gipfelchef Herman van Rompuy reagierte ebenfalls gelassen: "Die Herabstufung wird uns Weihnachten nicht verderben".

So zeigte sich auch der Eurokurs von der Abstufung unbeeindruckt, erholte sich von seinem Zwei-Wochen-Tief am Freitagmorgen und stieg im Gegensatz zum Vortag bis zum späten Nachmittag um 0,17 Prozent auf 1,3683 US-Dollar.

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