ZDF-Talkerin Maybrit Illner durchbricht die Endlosschleife der Debatten zur Bundestagswahl 2017. Sie möchte mit ihren Gästen über den Diesel-Skandal und mögliche Dieselfahrverbote diskutieren. CSU-Politiker Andreas Scheuer verteidigt die deutschen Auto-Riesen hartnäckig und attackiert stattdessen die US-Industrie.

Eine Kritik
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In deutschen Großstädten wird eifrig über Dieselfahrverbote diskutiert, da verkündet der Konzern Volkswagen auf der Internationalen Automobilmesse IAA in Frankfurt eine Elektro-Großoffensive.

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Dabei hat VW die Schäden des Dieselabgas-Skandals bei weitem nicht korrigiert. Sind die Diesel-Fahrer in Deutschland künftig die Dummen? Und: Bleiben die, die ihre Dieselfahrzeuge nachrüsten müssen, auf den Kosten sitzen?

Alexander Dobrindt setzt Auto-Riesen unter Druck

Maybrit Illner dreht sich am Donnerstagabend mal ausgerechnet nicht um die Bundestagswahl 2017. Die ZDF-Talkerin diskutiert mit ihren Gästen das Thema: Auto-Skandal - und keiner ist schuld?

Ein kurzer Überblick: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erhöht - in die Sendung zugeschaltet - den Druck auf die Automobilbranche: "Sie hat die verdammte Verantwortung, dass die Scherben wieder aufgekehrt werden."

TV-Physiker und -Moderator Ranga Yogeshwar meint, dass "made in Germany nicht mehr für Zuverlässigkeit und Wort halten" stünde, Verbraucherschützer Klaus Müller sagt sogar: "Volkswagen hat getäuscht" und der Vorsitzende des Markenvorstands Volkswagen-PKW, Herbert Diess, versucht zu beschwichtigen, wo er nur kann.

CSU-Politiker stellt sich vor Auto-Industrie

Doch ein Politiker stellt sich an diesem Abend bedingungslos vor die Automobilindustrie: Andreas Scheuer von der CSU.

Der 42-Jährige kommt ursprünglich aus Niederbayern, hat dort seinen Wahlkreis, erzählt stolz, wie er vor der Sendung - die in Berlin aufgezeichnet wird - das BMW-Werk im niederbayerischen Dingolfing besucht hat. Das ist übrigens eines der größten Automobil-Riesen überhaupt.

Stolz schildert der CSU-Generalsekretär, dass die Arbeitslosigkeit in seiner Heimat dank der Automobilindustrie auf 2,7 Prozent gesunken sei.

Scheuer stärkt Auto-Riesen

"Die Politik hat die Aufgabe, in engem aber neutralen Kontakt mit dieser Industrie zu reden", meint er auf Illners direkte Frage, ob es nicht einen ausgeprägten Lobbyismus zwischen Branche und Politik gebe.

Und, ob deswegen nicht auch mal weggeschaut werde. Scheuers Werben ist wohl ein wenig verwunderliches Indiz dafür.

"Wenn die Automobilindustrie ein Aufgabenpaket auf den Tisch gestellt bekommen hat, unter dem Druck der Politik und Gesellschaft, waren wir immer am besten", sagt er weiter und redet tatsächlich in der ersten Form Plural von "wir".

Als Physiker Yogeshwar - aus Sicht Scheuers - anmaßend erklärt, dass die "US-amerikanischen Behörden uns klarmachen, dass mit unseren Autos was nicht stimmt", kann sich Scheuer nicht mehr zurückhalten - er wettert gegen die Amerikaner und die US-Industrie.

Eigenwillige Perspektive von Scheuer

Zur Erklärung: VW hatte in den USA Richtlinien für Abgasemissionen von Dieselfahrzeugen weit verfehlt und muss nun Milliarden Dollar Strafe zahlen.

"Du bist mitten in Manhatten, da fahren Busse und Lkws rum, die bei uns nicht mal eine Nullplakette bekämen, und SUVs, die 35 Liter Tankfüllung brauchen", sagt Scheuer in ernstem und energischem Tonfall und behauptet: "Da spielen industriepolitische Interessen eine Rolle."

Die USA sollten sich also nach dem Diesel-Skandal deutscher Autobauer nicht moralisch aufführen? Das ist wohl eine recht eigenwillige Perspektive.

Wer einen weiteren Beweis für Verquickungen zwischen Automobilindustrie und Spitzenpolitik brauchte: Bitte sehr, Scheuer erbrachte diesen bei Illner.

Die Frage, ob Diesel-PKW-Halter künftig auf ihren Kosten sitzen bleiben werden, blieb indes unbeantwortet.

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