Die Tea Party trägt im Haushaltsstreit der USA durch ihre Blockade im Kongress maßgeblich dazu bei, dass die US-Bundesregierung in weiten Teilen handlungsunfähig ist. Wer steckt hinter der Tea Party, welche Ziele hat die Bewegung?

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Eines der bekanntesten Symbole der Tea Party ist eine gelbe Flagge mit einer Klapperschlange darauf. "Don’t tread on me", steht darauf geschrieben. Das heißt in etwa: "Tritt nicht auf mich!", oder: "Tritt mir nicht zu nahe!" Falls doch: Die Schlange hat ihren Kiefer schon weit aufgerissen und droht zuzubeißen. Und so aggressiv diese Symbolik wirkt, so aggressiv tritt die Tea Party schon seit Jahren in der amerikanischen Innenpolitik auf – weil sie sich seit Langem getreten fühlt von "denen da oben in Washington", die angeblich nichts anders zu tun haben, als verfassungstreue amerikanische Bürger zu gängeln und ihnen ihre gut zweihundert Jahre alten Grundrechte zu nehmen. Aus dieser Geisteshaltung heraus handelt die Tea Party. Und wo immer sie es kann, beißt sie deshalb zu. Dass am Widerstand dieser Bewegung nun ein Kompromiss im Haushaltsstreit zwischen Republikanern und Demokraten im amerikanischen Kongress gescheitert ist und etwa 800.000 bis eine Million Bedienstete des Bundes in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt wurden, zeigt, wie gefährlich die Zähne dieser Schlange derzeit sind.

Mehr Graswurzelbewegung als klassische Partei

Dabei ist die Tea Party keine Partei im klassischen Sinn. Sie ist nicht mal ein Verein oder ein Verband. Viele Amerikaner, die der Tea Party nahestehen oder ihr zugerechnet werden, sind Mitglieder der Republikaner; so auch jene, die nun als republikanische Volksvertreter die Regierung zum sogenannten shutdown getrieben haben. Stattdessen ist die Tea Party eher so etwas wie eine Glaubensgemeinschaft, der man sich als Amerikaner verbunden fühlt, weil man bestimmte ihrer Wertevorstellungen teilt – womit zwei wesentliche Elemente benannt werden, auf denen das Tea Party movement ruht: erstens, Religion; zweitens, der Glaube an eine besondere Mission Amerikas.

Zugleich ist schwer zu benennen, wofür die Tea Party inhaltlich steht. Es gibt kein allgemein akzeptiertes Programm. Wie bei so vielen heterogenen Bewegungen. Stattdessen bekennen sich die Anhänger zu einer Vielzahl von Slogans, die häufig eher gegen als für etwas ausgerichtet sind, sodass es auch innerhalb der Tea Party unterschiedliche Auslegungen dazu gibt, was mit ihnen nun eigentlich gemeint ist und welche Konsequenzen für politisches Handeln sich daraus ableiten.

In God we trust

Vereinfachend lässt sich festhalten: Viele Tea-Party-Anhänger sind tief in christlichen Glaubensgemeinschaften verwurzelt. Gott spielt bei ihnen eine zentrale Bedeutung. In ihrem Privatleben ebenso wie in ihren Vorstellungen von amerikanischer Außenpolitik beispielsweise. Sie halten die USA für das von Gott auserwählte Land, das für die Durchsetzung des Guten überall auf der Welt zuständig ist. Entsprechend befürworten sie ein starkes Militär. Andere staatliche Institutionen lehnen sie dagegen völlig ab, genauso wie auch sonstige Einmischungen des Staates in das Leben seiner Bürger. "Weniger Staat, mehr Freiheit", ist eine ihrer zentralen Überzeugungen. Die schließt auch ein klares Bekenntnis zum Recht jedes Amerikaners ein, Waffen tragen zu dürfen. Und zwar ganz im ursprünglichen Sinne der US-Verfassung, in der dieses Recht festgeschrieben wurde. Die Idee damals, die die Tea-Party bis heute für richtig hält: Jeder US-Bürger soll sich gegen eine übermächtige Regierung wehren und diese gar mit Gewalt stürzen können.

Nicht zufällig nennt sich die Tea Party deshalb Tea Party. Schon ihr Name spielt auf ein für die US-Gesellschaft prägendes Ereignis an, bei dem sich Amerikaner mit Waffen gegen staatliche Unterdrückung wehrten: Bei der Boston Tea Party 1773 stürmten Amerikaner ein britisches Schiff und warfen den darauf befindlichen Tee ins Meer, um damit gegen die Teesteuern der britischen Krone zu protestieren. Steuern – auch das hält die Tea Party für Teufelszeug. Nicht selten geißeln Tea-Party-Bewegte alles, was sie als Einmischungsversuche des Staates in das Privatleben des Einzelnen verstehen, als kommunistische Auswüchse.

Sammelbecken für Unzufriedene

Weil sich in dieser Strömung so viele verschiedene Entwürfe von Amerika bündeln und jeder einzelne von ihnen einen anderen historischen Anknüpfungspunkte hat, ist die Tea Party ein Sammelbecken für verschiedenste Menschen: für solche, die überhaupt nichts mit Politik zu tun haben, aber mehr Religion in der Öffentlichkeit wollen; für Erzkonservative, denen die "klassischen" Republikaner inzwischen viel zu weit in der Mitte stehen; für Populisten, die gegen Afroamerikaner und Einwanderer hetzen; für alle, die mit dem politischen System unzufrieden sind.

Wann sich die Tea Party als Bewegung von unten konstituiert hat, ist wegen ihrer Heterogenität nicht exakt zu datieren. Einige ihrer zentralen Plattformen sind Mitte der 2000er Jahre entstanden. Die Webseite teaparty.org beispielsweise ging 2004 online. Ins Bewusstsein einer auch internationalen Öffentlichkeit rückte die Bewegung dann vor allem Ende der 2000er Jahre, als sie sich vor allem an der Politik des 2009 ins Amt eingeführten US-Präsidenten Barack Obama abarbeitete. Sie machte unter anderem massiv Stimmung gegen seine Gesundheitsreform und geißelte seine Wirtschaftshilfen im Nachgang des Bankencrashs von 2008.

Trotz des Graswurzelcharakters der Bewegung hat sie inzwischen auch politische Frontfiguren hervorgebracht, die landesweit Bedeutung haben. Ehemalige und aktuelle Protagonisten der Bewegung wie die ehemalige Vize-Präsidentschaftskandidatin der Republikaner, Sarah Palin, oder die Kongress-Abgeordnete Michele Bachmann sind zu Ikonen der Bewegung geworden, die weit oben in der amerikanischen Politik mitspielen – oder das zumindest getan haben. So sehr der Geist der Bewegung von unten kommt, so sehr wird er inzwischen zumindest teilweise von oben gelenkt.

Stellt die Tea Party den nächsten Präsidenten?

Ob die Tea Party in der US-Politik noch einmal etwas erreichen kann, außer Dinge zu blockieren? Ob sie vielleicht zum Macher des nächsten US-Präsidenten wird? Das ist noch schwerer vorherzusagen als der Weg, den der Kongress nun nehmen muss, um aus dem Haushaltsstreit herauszukommen. Gerade nach dem shutdown der Regierung wächst aber nach jüngsten Umfragen in den USA die Unzufriedenheit vieler Amerikaner darüber, dass sich die Politik in Washington nur streitet und parteipolitische Spiele auf dem Rücken der Menschen austrägt. Vor allem die Republikaner und die Tea Party kommen in solchen Befragungen schlecht weg. Womöglich hat die Bewegung den Zenit ihres Einflusses schon überschritten.

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