- Mit historischen Hilfsprogrammen haben sich die großen Notenbanken bisher gegen die Corona-Krise gestemmt.
- Zumindest in den USA wird die Geldflut jetzt abebben.
- EZB-Chefin Christine Lagarde dämpfte derweil erneut Spekulationen auf baldige Erhöhungen der Zinsen im Euroraum.
Die US-Notenbank will ihre in der Corona-Pandemie beschlossenen Krisenhilfen schrittweise zurückfahren. Die US-Wirtschaft hat sich erholt, dafür steigt die Inflationsgefahr und damit der Druck auf die Währungshüter. Vor diesem Hintergrund kündigte die Federal Reserve (Fed) am Mittwoch eine Reduzierung ihrer konjunkturstützenden Wertpapierkäufe im derzeitigen Volumen von 120 Milliarden Dollar pro Monat um 15 Milliarden Dollar an. Mit dem Programm pumpt die Fed zusätzliches Geld in die Finanzmärkte, um die Kreditzinsen niedrig zu halten und die Wirtschaft anzukurbeln.
Am Leitzins, der in der extrem niedrigen Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent liegt, ändert sich aber vorerst nichts. Die geldpolitischen Entscheidungen waren an den Finanzmärkten so erwartet worden, die Fed hatte Anleger bereits entsprechend vorbereitet.
Die Drosselung der Anleihekäufe dürfte in den kommenden Monaten schrittweise in gleicher Größenordnung weitergehen, so dass das Programm im Juni 2022 auslaufen würde. Die Währungshüter behalten sich jedoch vor, das Tempo je nach wirtschaftlicher Entwicklung bei Bedarf anzupassen.
Leitzins bleibt vorerst noch niedrig
Die Leitzinsen dürften indes noch etwas länger an der Nulllinie bleiben. "Wir glauben nicht, dass es an der Zeit ist, die Zinsen anzuheben", sagte Fed-Chef Jerome Powell nach den geldpolitischen Beschlüssen.
Trotz einer erheblich besseren Lage am Arbeitsmarkt gebe es noch Raum für Verbesserungen. An der Börse wird Mitte 2022 - nach dem Ende des Anleihekaufprogramms - mit dem ersten Zinsschritt gerechnet. Damit wäre die Fed wohl schneller als die Europäische Zentralbank (EZB), deren Präsidentin Christine Lagarde Spekulationen auf Zinserhöhungen im kommenden Jahr am Mittwoch in Lissabon dämpfte.
"Es ist nicht verwunderlich, dass die Fed lange vor der EZB mit einer Straffung ihrer Geldpolitik beginnt", erklärte Experte Friedrich Heinemann vom Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW. "Die konjunkturelle Erholung der USA ist weiter fortgeschritten, außerdem ist die Fiskalpolitik noch expansiver als in Europa."
Zudem sei die Lage in der Eurozone wegen der Mitgliedsländer im Währungsraum anders als in den USA. "Es ist unsicher, ob die Finanzierung hoch verschuldeter Euro-Staaten noch funktionieren würde, wenn die EZB diese Anleihekäufe einstellt." Die Fed sei handlungsfähiger, weil sie nicht die Liquidität von Teilstaaten garantieren müsse.
Finanzmärkte reagieren positiv auf Maßnahme
An den Finanzmärkten kamen Powells Aussagen gut an. Die US-Börsen setzten ihre Rekordjagd mit der Aussicht auf eine vorerst anhaltende Billiggeldversorgung durch die Notenbank fort und schlossen zur Wochenmitte mit neuen Höchstständen.
Powell räumte zwar ein, dass die erhöhte Inflation keinesfalls der Fed-Definition von Preisstabilität entspreche, betonte aber - wie zuvor schon der Rat der Notenbanker in seinem Statement - dass hinter der erhöhten Teuerung in den USA in erster Linie vorübergehende Faktoren stehen dürften. Zudem bekräftigte er, dass die USA das Ziel der Vollbeschäftigung trotz der Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt noch nicht erreicht hätten.
Die Fed hatte auf die Coronakrise mit einer extremen Lockerung ihrer Geldpolitik reagiert. Doch inzwischen ist die Notenbank unter Druck, einen Gang herunterzuschalten. Die US-Inflationsrate legte im September auf 5,4 Prozent zu und erreichte damit - wie schon im Juni und Juli - das höchste Niveau seit 2008. Die Teuerung liegt damit deutlich über dem Fed-Zielwert von zwei Prozent. Angesichts hoher Energiepreise und anhaltender Lieferprobleme im Welthandel wird immer deutlicher, dass die erhöhte Inflation kein - wie von der Fed zunächst angenommen - relativ rasch vorübergehendes Phänomen ist.
Unterdessen hat sich die US-Wirtschaft weitgehend von der Krise erholt. In den Sommermonaten verlor das Wachstum zwar wegen Lieferengpässen in der Industrie und steigender Corona-Fallzahlen wieder deutlich an Schwung. Doch kritisch scheint die Lage nicht mehr.
So beschleunigte sich etwa der Stellenaufbau in der Privatwirtschaft laut Daten des Arbeitsmarktdienstleisters ADP im Oktober unerwartet. Mit Spannung wird der breiter gefasste Arbeitsmarktbericht der US-Regierung am Freitag erwartet. Im September war die Arbeitslosenquote in den USA auf 4,8 Prozent gefallen. Vor der Pandemie lag sie allerdings bei nur 3,5 Prozent. (Hannes Breustedt, dpa) © dpa
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