In einem wichtigen Zwischenschritt des Münchner Wirecard-Prozesses haben Psychiater und Psychologe den bislang schweigsamen dritten Angeklagten E. für seelisch unauffällig erklärt. Der 49 Jahre alte frühere Chefbuchhalter des 2020 zusammengebrochenen Dax-Konzerns ist nach Einschätzung der beiden Gutachter Norbert Nedopil und Maximilian Wertz weder autistisch veranlagt noch anderweitig psychisch auffällig.
E. könnte noch eine Schlüsselrolle für den weiteren Prozessverlauf spielen: Er ist einzige der drei Angeklagten, der im Verfahren schweigt. Bislang steht Aussage gegen Aussage: Der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun bestreitet kategorisch den Hauptanklagevorwurf des Milliardenbetrugs. Der ehedem in Dubai für den Konzern tätige Manager Oliver Bellenhaus hingegen hat als Kronzeuge sowohl Braun als auch E. beschuldigt, Mittäter gewesen zu sein.
Mittlerweile denkt E. jedoch darüber nach, sein Schweigen zu brechen. In den nächsten Wochen soll es dazu ein weiteres Rechtsgespräch seiner Verteidiger mit der Kammer geben. Der Spross eines alten Adelsgeschlechts hatte die Gutachten selbst beantragt, um eine möglich autistische Störung klären zu lassen - eine solche Störung wäre für die Beurteilung der Schuldfähigkeit von Bedeutung.
"Er war weitgehend unauffällig, unauffällig gekleidet, unauffällig im Verhalten", sagte der psychiatrische Sachverständige Nedopil. Psychologe Wertz bescheinigte E. einen IQ von 110 im oberen Normbereich und "keine hinreichenden Hinweise auf eine Autismusspektrumsstörung". Im Laufe des Verfahrens hatten viele Zeugen den langjährigen Leiter der Wirecard-Buchhaltung als kundigen und kompetenten Finanzmann beschrieben, mit Hang zu Wutausbrüchen
Laut Anklage war E. gemeinsam mit dem früheren Wirecard-Vorstandschef Markus Braun und dem Kronzeugen Oliver Bellenhaus Mitglied einer Betrügerbande in der Wirecard-Chefetage, die über Jahre nicht vorhandene Scheinumsätze in Milliardenhöhe erdichtete. © dpa
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