- Adelstitel kann man für wenig Geld auf Amazon, Ebay oder anderen Seiten erwerben.
- Um ihn offiziell im Ausweis stehen zu haben, müsste man diesen als Künstlernamen angeben - es gibt jedoch auch hier einen Haken.
- Adelig wird man am Ende allerdings nur durch die Geburt.
Wir saßen in einem Café mitten in der Altstadt von Düsseldorf. Draußen hatte der alljährliche Spätsommerregen eingesetzt, die Scheiben beschlugen von innen und wir hatten es uns mit Zimtschnecken und Milchkaffee auf den großen roten Sofas gemütlich gemacht. Meine Freundin Lara war im siebten Monat schwanger und wie so häufig in den letzten Wochen drehten sich unsere Gespräche um Kinderzimmereinrichtungen, Still-BHs und die Wahl des richtigen Vornamens.
Gerade Letzterer wurde aktuell zum Streitthema zwischen Lara und ihrem Verlobten, denn die beiden waren sich mehr als uneinig über den Namen des kleinen Würmchens in Laras Bauch.
"Fritz will eine Leonora", verkündete die werdende Mama und verdrehte die Augen dramatisch zur Decke. "Ich finde das unmöglich, schließlich heißt er Lehnhardt mit Nachnamen." Katja, die sich gerade ein Stück Zimtschnecke in den Mund steckte, verschluckte sich fast vor Lachen. "Cool! Klingt ja fast wie Karla Kolumna!" Ich grinste: "Behalt doch einfach deinen Nachnamen, dann geht’s." "Au ja", rief Katja begeistert. "Sehr feministisch! Oder du besorgst dir irgendwo einen Adelstitel. Leonora von und zu Lehnhardt, das hat schon wieder was Pompöses." "Hmm, dann würde Lara Lehnhardt auch nicht so komisch klingen."
Wir drei kamen ins Grübeln. Klar war das mit dem Adelstitel eine Schnapsidee, aber rein theoretisch, also wirklich nur hypothetisch: Wäre es möglich, sich einen Adelstitel zu kaufen?
Noch an diesem Abend machte ich mich auf die Suche. Wie war das in Deutschland eigentlich? Konnte man seinen Adelstitel auf dem Personalausweis eintragen lassen? Und was bringt mir ein Adelstitel im Jahr 2021 eigentlich noch?
Wofür es den Titel eigentlich gibt
Laut Wikipedia gründete sich der Herrschaftsanspruch des deutschen Adels bis 1919 unter anderem auf "Leistung, Erziehung, Abstammung sowie unterstellte göttliche Absicht". Gut, nun möchte ich meiner Familie nicht zu nahetreten, aber weder Abstammung noch göttliche Leistung wären in meinem Fall wohl Grund für einen Adelstitel.
Für nicht Adlige war es jedoch wohl möglich, einen Titel durch Standeserhebung zu erlangen, beispielsweise wenn man herausragende Leistungen im Schwertkampf erbrachte. Da sich meine sportlichen Leistungen jedoch ebenfalls in Grenzen halten, entfällt auch hier die Chance auf einen Titel.
So oder so wäre es jedoch fraglich, ob mir der Titel offiziell etwas bringen würde, denn mit der Weimarer Reichsverfassung wurden die "öffentlich-rechtliche(n) Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes" aufgehoben. Ich dürfte den Titel also noch tragen, aber er würde mir nicht mehr Rechte einbringen. Dass das im Jahr 2021 auch kaum noch zeitgemäß wäre, ist uns wohl allen klar - und dennoch macht so ein Titel bei einer Tischreservierung im Restaurant sicher einiges her.
Vielleicht ist es aber möglich einen Adelstitel zu kaufen? Ganz legal
Ich gebe "Adelstitel kaufen" bei Google ein und staune nicht schlecht, denn tatsächlich gibt es gleich mehrere Websites, auf denen man einen offiziellen Titel mit Zertifikat erwerben kann. Hierzu zählen neben noble-society.com und adelstitel-kaufen.com auch Seiten wie Ebay und Amazon. Hier ist es möglich, einen Adelstitel mit Urkunde, Wappen und ausgestorbenem Stammbaum zu erwerben.
Einen kleinen Haken gibt es dann aber doch, denn ich darf den Namen nur inoffiziell nutzen. Eine Eintragung auf dem Personalausweis ist nicht möglich und auch bei Bewerbungen sollte man vorsichtig sein.
Doch nicht nur Websites bieten Titelkäufe an. Im 19. Jahrhundert gab es in Europa einige Länder mit gravierender Geldnot, die dafür bekannt waren, dass sie Adelstitel an zahlungskräftige Ausländer verliehen. Zu ihnen zählten für lange Zeit beispielsweise Portugal, San Marino und sogar der Vatikan.
Aber auch einige Grafen in Deutschland ließen sich nicht lumpen, gegen ein schönes Sümmchen Adelstitel an ihre Untertanen zu verleihen. Das ging so weit, dass bis 1912 ein Gesetz gegen "missbräuchliche Adelsverleihungen" erlassen werden musste. Auch heute gibt es noch zahlreiche (mehr oder weniger) legale Wege, einen Adelstitel an Dritte zu vergeben. Hierzu zählt unter anderem die Adoption, sowie die Anerkennung nicht-ehelicher Kinder.
In Schottland kann man sogar bis heute noch Adelstitel durch einen Landkauf erwerben. Ab 35 Euro gibt es zu besagtem Stück Land den Laird oder Baron gleich mit dazu. Doch auch hier sollte man vorsichtig sein, denn bei vielen Anbietern ist nicht klar, ob dieses Stück Land überhaupt existiert.
Als letzte Möglichkeit kann man sich in Deutschland ganz offiziell einen Künstlernamen im Pass eintragen lassen. Dieser darf dann so viele Adelstitel enthalten, wie man will. Das Problem ist hier nur, dass man bei den Ämtern Nachweise erbringen muss, dass man unter dem angegebenen Namen tatsächlich künstlerisch tätig ist.
Am Ende muss man doch reingeboren werden
Nach der Recherche ist dann klar: So wirklich adlig wird man nur durch Geburt. Denn mit den Titeln angeben kann man nur vor Menschen, die wirklich gar keine Ahnung haben. Und sollte man darüber hinaus auch noch die Dreistigkeit besitzen, einen inländischen Titel illegal zu tragen, so droht in Deutschland sogar die strafrechtliche Verfolgung.
Fakt ist, obwohl der Adel seit 1919 gesetzlich abgeschafft ist, werden die Familien und ihre Nachkommen bis heute im Deutschen Adelsarchiv geführt. Gar nicht mal so konsequent, liebe Bundesrepublik. Andere Länder sind da schon entschlossener. So wurde der Adelsstand in Österreich 1919 komplett aufgehoben. Hier dürfen auch die Titel nicht mehr getragen werden.
Verwendete Quellen:
- Die Verfassung des Deutschen Reichs ("Weimarer Reichsverfassung") vom 11. August 1919 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 1383).
- Highland-Titels.de: Über 250.000 Menschen sind Lords and Ladies of Glencoe geworden – und haben gleichzeitig die schottische Wildnis bewahrt
- Youtube.de: [Doku] Der deutsche Adel (1) Das Erbe des Kaisers
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