Es gibt viele Theorien darüber, wie es die Ägypter wohl geschafft haben, die Pyramiden zu erbauen. Nun haben Wissenschaftler etwas Neues entdeckt: eine Art hydraulischen Aufzug.

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Für die Errichtung der Djoser-Pyramide in Ägypten nutzten die Erbauer vor 4.700 Jahren vermutlich die Kraft des Wassers. Französische Wissenschaftler haben in der Stufenpyramide und ihrer Umgebung Strukturen entdeckt, die auf ein hydraulisches System hindeuten.

Auch für das benachbarte Gisr el-Mudir, das älteste erhaltene Bauwerk aus behauenem Stein, liefert die Gruppe um Xavier Landreau vom privaten französischen Forschungsinstitut Paleotechnic eine mögliche Erklärung: Es könnte als Reservoir für Wasser aus dem höher gelegenen Hinterland gedient haben, heißt es im Fachjournal "PLOS One".

Ein hydraulisches Hebewerk

Die Djoser-Pyramide in Sakkara, etwa 20 Kilometer südlich von Kairo gelegen, war das erste Bauwerk, das zwei wichtige Neuerungen aufwies, wie die Studienautoren schreiben: "Eine Pyramidenform für das Grab des Pharaos und die ausschließliche Verwendung von vollständig behauenen Steinen für das Mauerwerk."

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Womöglich kommt nun eine weitere Innovation hinzu. Einen Schacht innerhalb der Pyramide interpretieren die Forscher als eine Art hydraulisches Hebewerk, mit dem Steine in die Höhe transportiert wurden. Der innere Schacht war dabei mit einem äußeren Schacht verbunden.

Die etwa 200 Meter lange Leitung zwischen den beiden Schächten lag in rund 27 Metern Tiefe. Wurde der Schacht in der Pyramide aus dem äußeren Schacht geflutet, stieg das Wasser bis zur Höhe des Wassers im äußeren Schacht – das entspricht dem Prinzip der kommunizierenden Röhren. So könnte ein Floß mit Steinen in die Höhe gehoben worden sein.

Doch das allein dürfte nicht ausgereicht haben, um Steine an die Spitze der mehr als 62,5 Meter hohen Pyramide zu bringen. Deswegen bietet die Gruppe eine weitere Erklärung an: Im inneren Schacht könnte auf dem Floß ein hohes Gerüst mit einer aufliegenden Plattform gestanden haben. Diese ließ sich demnach im Mauerwerk des Schachts mit Balken fixieren. Mit diesem Aufbau hätten die Baumeister auch höher gelegene Bereiche erreichen können.

Wasser am Rand der Sahara

Zum Transport der Steine seien zudem vermutlich Rampen genutzt worden, meinen die Forscher. Die Pyramide besteht aus Kalkstein – wie der Grund, auf dem sie steht. Daher könnten die Steine zumindest zum Teil aus Gräben stammen, die um die Pyramide angelegt wurden.

Ein Teil dieser Gräben könnte Landreau und seinem Team zufolge der Reinigung des Wassers aus dem Abusir-See gedient haben, der damals westlich oberhalb des Pyramiden-Standorts lag. In mehreren Becken des Grabens konnten sich demnach Sedimente absetzen, sodass das Wasser nach und nach klarer wurde.

Kein Nil-Wasser, aber woher dann?

Das Wasser wurde den Forschern zufolge eventuell nicht nur als Trinkwasser verwendet, es speiste auch den äußeren und den inneren Pyramidenschacht. Doch woher stammte das Wasser des Abusir-Sees? Denn Sakkara liegt oberhalb der Nil-Ebene am Rand der Sahara.

Vor 4.700 Jahren, so vermutet die Gruppe, gab es dort erheblich mehr Niederschläge als heute. Luftaufnahmen zeigen sogar ein ausgetrocknetes Flussbett: das Abusir-Wadi. Es könnte damals bei Niederschlägen immer wieder den Abusir-See gefüllt haben.

Zwischen dem Abusir-Wadi und dem Abusir-See liegt das rechteckige Gisr el-Mudir. Die Forscher nehmen an, dass es als Rückhaltebecken diente: Das Regenwasser aus dem Abusir-Wadi enthielt Sand und kleine Steine, die durch das Rückhaltebecken zum großen Teil aus dem Wasser gefiltert wurden.

Allerdings ist fraglich, ob das Wasser aus dem Abusir-Wadi für das Hydrauliksystem der Djoser-Pyramide ausreichte. Die Wissenschaftler vermuten deshalb, dass auch Wasser aus dem Taflah-Wadi, das zwei Kilometer südlich von Sakkara in die Nil-Ebene mündet, durch einen Kanal in den Abusir-See geleitet wurde.

"Diese Arbeit eröffnet eine neue Forschungsrichtung: die Nutzung hydraulischer Kraft zum Errichten der massiven Bauwerke der Pharaonen", schreiben die Studienautoren. Ihre Ergebnisse beruhten darauf, dass sie Erkenntnisse der Archäologie mit Wissen aus anderen Disziplinen wie Hydrologie, Hydraulik, Geotechnik oder Paläoklimatologie kombiniert haben. (dpa/bearbeitet von mak)

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