Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Uhren früher ganz anders tickten. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt es in Deutschland eine einheitliche Zeitrechnung.

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Schon beim Gedanken an die Zeitumstellung stöhnen die ersten auf und fragen sich, was das eigentlich soll.

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Dabei wissen viele gar nicht, dass es gerademal 120 Jahre her ist, als sich die Uhrzeit von Ort zu Ort unterschied und es mehr als 60 verschiedene Zeitzonen allein in Deutschland gab.

Mitte des 19. Jahrhunderts orientierten sich Städte und Gemeinden noch nach dem Höchststand der Sonne. Sie bestimmte die Uhrzeit und die Kirchturmglocken informierten die Bürger, wie spät es war.

In Folge der Drehung der Erde unterschied sich der Höchststand der Sonne und demnach auch die Mittagszeit von Stadt zu Stadt. Das war vor allem für den zunehmenden Eisenbahnverkehr ein Problem.

Per Zug in eine andere Zeitzone

Lebte und arbeitete man an einem Ort, war das kein Problem. Begab man sich allerdings auf eine Reise, war Umdenken gefordert. Es war zum Beispiel gut möglich, dass man in den Zug einstieg und sich nur wenige Meter später schon in einer anderen Zeitzone befand. Das war nicht nur für die Reisenden problematisch.

Vor allem für die Eisenbahnverwaltung erschwerte das die Abwicklung des Betriebs, und sie war gezwungen, mit zwei Zeitrechnungen zu arbeiten: der Ortszeit, um etwa Anfahrt- und Abfahrtszeiten mitzuteilen, und der Eisenbahnzeit, um Fahrpläne zu erstellen und Kreuzungen von Zügen und Anschlüssen festzulegen, um Chaos und Unfälle zu vermeiden.

In jeder Stadt eine andere Zeit

Obwohl größere Bahnbezirke eine gemeinsame Einheitszeit für den inneren Dienst angenommen und die Bahnen einzelner Staaten eine Einheitszeit in die öffentlichen Fahrpläne übernommen hatten, blieben doch zahlreiche verschiedene Zeitrechnungen nebeneinander bestehen.

"Hieraus entstand fortdauernd eine Quelle von Fehlern, Missverständnissen und Unbequemlichkeiten", beschreibt Dr. Freiherr von Röll in der Enzyklopädie des Eisenbahnwesens die damaligen Zustände. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galten zum Beispiel fünf Eisenbahnzeiten. In Deutschland fuhren die Züge damals nach Berliner, Karlsruher, Ludwigshafener, Stuttgarter und Münchner Zeit. Die bayerischen Bahnen rechneten nach Münchner, die württembergischen nach Stuttgarter, die pfälzischen nach Ludwigshafener, die hessischen nach Frankfurter Zeit.

Einführung einheitlicher Zeitzonen

Der fortschreitende Ausbau des Schienenverkehrs und die Industrialisierung machten eine Vereinheitlichung der Zeit immer notwendiger. Die Diskussionen dazu begannen schon Anfang des 19. Jahrhunderts. "Aber erst im Jahre 1883 hatte ein von Amerika ausgehender Vorschlag Erfolg, der die Regelung der Zeitrechnung für den gesamten Weltverkehr durch Einführung einheitlicher Zonenzeiten bezweckte.

Diese Zeitrechnung hat im Laufe des folgenden Jahrzehntes über die ganze Erde Verbreitung gefunden", heißt es in der Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Auf der Washingtoner Meridiankonferenz 1884 einigte man sich auf den Meridian durch Greenwich als Nullmeridian und auf die Greenwich Mean Time (GMT) als erste allgemein gültige Weltzeit.

Ein zeitliches Hin und Her

Im Deutschen Reich trat am 1. April 1893 auf Drängen der Eisenbahngesellschaften das "Gesetz betreffend die Einführung einer einheitlichen Zeitbestimmung" in Kraft und damit die "Mitteleuropäische Zeit". Die mittlere Sonnenzeit des fünfzehnten Längengrades östlich von Greenwich wurde darin als gesetzliche Uhrzeit festgelegt. Die Vereinheitlichung der Zeit war beschlossene Sache und sorgte für eine Erleichterung im Alltag.


Gerade mal 20 Jahre später mussten sich die Bürger beim Thema Zeit wieder umstellen. Um das Tageslicht besser ausnutzen zu können, wurde im Jahr 1916 in Deutschland die Zeitumstellung eingeführt. Es folgte ein Auf und Ab, denn in der Weimarer Republik wurde die Sommerzeit wieder abgeschafft. Die jetzt gültige Zeitumstellung von der Winterzeit- auf die Sommerzeit wurde im Jahr 1980 beschlossen. Ausschlaggebend war, wie auch schon 1916, die Überzeugung, durch das Tageslicht Energie sparen zu können.

Zeitumstellung effektiv?

Ob der gewünscht Effekt eingetreten ist, ist bis heute umstritten. Das Umweltbundesamt sagt, dass durch das Vor- und Zurückstellen der Uhren keine Energie eingespart werde. Zwar knipsten die Bürger im Sommer abends weniger häufig das Licht an, allerdings würden sie im Frühjahr und im Herbst in den Morgenstunden auch mehr heizen, heißt es in einer Stellungnahme.


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