Agathe Habyarimana ist die ehemalige First Lady von Ruanda. An der Seite von Diktator Juvénal Habyarimana regierte sie fast 20 Jahre das Land. Doch sie war alles andere als eine zurückhaltende Ehefrau, wie ihr Spitzname bereits vermuten lässt: Lady Genocide.
Unterdrückung, Folter, Massenmord: Für die Diktatoren dieser Welt ist das ein tägliches Geschäft. In ihrem Schatten und dennoch ganz im Zentrum der Macht stehen ihre Ehefrauen.
Viele von ihnen mischen sich nicht in die Machenschaften ihrer Männer ein. Doch manch eine First Lady ist selbst Strippenzieherin hinter den Kulissen.
So auch Agathe Habyarimana, Ehefrau des damaligen Herrschers von Ruanda, Präsident Juvénal Habyarimana.
Aus Liebe wurde Macht
1962 lernte Agathe den Mann kennen, vor dem Ruanda später zittern sollte. Ein Jahr später hielt er um ihre Hand an. 1973 ernannte sich Juvénal Habyarimana, seinerseits ein Angehöriger der Hutu, selbst zum Präsidenten von Ruanda.
Am Tag des Staatsstreichs wurde Agathe, die ihr Leben als junges Mädchen ausschließlich der Religion widmen wollte, zur First Lady des ostafrikanischen Landes.
Was folgt war eine diktatorische Herrschaft, die 1974 in einem grausamen Gemetzel mündete: Am 6. April endete die Herrschaft von Juvénal Habyarimana abrupt, als sein Flugzeug von zwei Raketen getroffen wurde.
Der Präsident und zwei seiner Amtskollegen starben. Wer hinter dem Abschuss steckte, ist bis heute nicht final geklärt.
Mit Habyarimanas Tod beginnt der Völkermord
Für Milizen der Hutu war der Tod des Präsidenten Anlass, Angehörige der Tutsi und weniger radikalen Hutu systematisch zu ermorden. Innerhalb nur weniger Wochen mussten 800.000 Menschen sterben. Ein Genozid, den Agathe aktiv mitverantwortet haben soll.
Aufgrund ihrer mutmaßlichen Beteiligung an einem der größten Völkermorde in der Geschichte wurde im Jahr 2010 von den französischen Behörden ein Haftbefehl gegen die mittlerweile 75-Jährige vollstreckt.
Einige Stunden später war die Ostafrikanerin zwar wieder frei, ein Antrag auf politisches Asyl wurde ihr Ende 2010 jedoch verweigert.
"Ernst zu nehmende Gründe" sprächen dafür, dass die Präsidentenwitwe Mitschuld am Genozid von Ruanda trage. Die Geschichte bescherte ihr einen Spitznamen: Lady Genocide.
"Lady Genocide": Agathe Habyarimana als Herrin im Hintergrund
Agathe soll in all den Jahren starke Verbindungen zu hochrangigen Mitgliedern des Militärs gehabt haben.
Auch die zu lebenslanger Haft verurteilte ehemalige Sozialministerin Pauline Nyiramasuhhuko soll eine enge Freundin gewesen sein. Nyiramasuhhuko wurde beschuldigt, während ihrer Amtszeit den Befehl für eine Massenvergewaltigung erteilt zu haben.
Ebenfalls enge Vertraute der damaligen First Lady: Drei ihrer Brüder gehörten damals zum festen und einflussreichen Zentrum der politischen Macht. Einer davon ist Protais Zigiranyirazo.
Ihm wird vorgeworfen, 1985 die amerikanische Gorillaforscherin Dian Fossey ermordet zu haben.
Außerdem gilt er als einer der maßgeblichen Organisatoren des Völkermords, wofür er auch verurteilt, im Jahr 2009 aufgrund von Fehlern im Prozess aber wieder freigelassen wurde.
Anführerin des Akazu-Klans? Agathe weiß von nichts
Ihren Einfluss soll Agathe aus ihrer Rolle als Oberhaupt des einflussreichen Akazu-Klans gezogen haben.
Dessen Angehörige wurden an Ausbildungsstätten, in Politik und Wirtschaft privilegiert behandelt und sollen eine tragende Rolle bei der Radikalisierung der Hutu-Power-Bewegung gespielt haben.
Anführerin dieses Klans zu sein war eine Aufgabe, die sich kaum mit ihrer vermeintlichen Unschuld und Unwissenheit vereinbaren lässt.
"Sie haben mir eine Rolle gegeben, die ich nie hatte. Damit machen sie mich wichtiger als ich bin, das verstehe ich wirklich nicht", behauptete Agathe Habyarimana später im Gespräch mit französischen Reportern für die Dokumentation "Despot Housewives" zu diesem Thema.
Agathe Habyarimana hält an ihrer Unschuld fest
Doch das nimmt ihr niemand ab. Alain Gauthier, Präsident der Vereinigung der Nebenkläger für Ruanda, beschuldigte Agathe in einem Interview mit dem ZDF, sie würde sich mich Absicht dumm stellen und allen etwas vorspielen.
Agathe Habyarimana selbst sagt bis heute von sich jedoch, sie sei politisch nie aktiv gewesen, sondern habe lieber gemeinsam mit anderen Frauen gestrickt und sich um den Garten gekümmert.
"Mir tun die Familien sehr leid, die einen der ihren verloren haben", sagte sie mal in einem Interview. Doch die Taten, die ihr zur Last gelegt werden, sagen etwas anderes.
In Ruanda lebt sie schon seit Beginn des Völkermordes nicht mehr. Französische Truppen hatten sie damals ausgeflogen, Agathe ließ sich in der Nähe von Paris nieder. Dort wohnt sie bis heute.
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