Afrika gilt als Wiege der Menschheit. Der moderne Mensch beschränkte auch eine ganz Weile seinen Lebensraum auf den Kontinent, so der bisherige Stand der Wissenschaft. Neue Erkenntnisse lassen daran aber zweifeln.
Anders als bisher vermutet, lebt der moderne Mensch schon deutlich länger außerhalb Afrikas. Neue Funde von Fossilien und neuartige Analysemethoden sprechen laut den Forschern dafür, dass sich der Homo sapiens nicht erst vor 60.000 Jahren abseits des afrikanischen Kontinents niederließ, sondern schon vor 120.000 Jahren.
Forscher des Max-Plank-Instituts für Menschheitsgeschichte und der Universität Hawaii haben dazu mehrere Studien zusammengefasst und die Ergebnisse im "Science"-Journal veröffentlicht.
Vor 300.000 bis 500.000 Jahren entwickelte sich der Homo sapiens, der heutige moderne Mensch. Sein aufrechter Gang und sein runder Kopf unterschieden ihn von den anderen Menschenarten.
Die Geschichte des modernen Menschen wird umgeschrieben
Vor etwa 60.000 Jahren verließen erste Gruppen Afrika und brachen über die Arabische Halbinsel auf in Richtung Norden und Osten: So findet man es im Lexikon und in Schulbüchern.
Der Homo sapiens besiedelte demnach zunächst die Küsten Europas und Asiens, drang später in das Landesinnere vor und begegnete dort anderen Menschenarten wie dem Neandertaler.
Während diese Verwandten des Menschen ausstarben, überlebte der Homo sapiens und verbreitete sich weiter auf dem Planeten.
Diese These wird häufig unter dem Begriff der "Out-of-Africa-Theorie" zusammengefasst. Dabei geht es um die Verbreitung des Homo sapiens auf der restlichen Welt.
Bislang war diese Theorie der Stand der Wissenschaft. Einige entscheidende Details davon stehen aber aktuell auf dem Prüfstand. Die neue Untersuchung zieht die Lehrmeinung in Zweifel.
Menschheit begab sich schon früh auf Wanderschaft
An mehreren Orten außerhalb Afrikas wurden Gebeine des Homo Sapiens gefunden, die zwischen 70.000 und 120.000 Jahre alt sind. Diese lagen dabei nicht etwa nur in der Nähe Afrikas und Europas, sondern reichten bis nach Süd- und Zentralchina.
Selbst in Australien werden Funde auf ein Alter von bis zu 65.000 Jahren datiert.
Die Forscher gehen mittlerweile davon aus, dass es mehrere Wanderbewegungen gab und die neu entdeckten Funde zu den frühesten unter ihnen zählten.
So zeigten zahlreiche Funde von Steinwerkzeugen, die dem Homo sapiens zuzuordnen waren, dass die Menschen schon äußerst früh auf Wanderung gingen. Auch die kulturelle Wandlungsfähigkeit des Menschen könne man hier bestaunen, so die Wissenschaftler.
In unterschiedlichen Regionen seien die Werkzeuge unterschiedlich ausgeprägt. Das zeige, dass sich unsere Vorfahren bereits innovativ an ihre Umgebung anpassten.
Homo sapiens vermischte sich anderen Hominid-Gruppen
Mithilfe neuer Methoden konnten zudem alte DNA aus Fossilfunden mit moderner DNA verglichen werden. Es zeigt sich, dass heutige Menschen außerhalb Afrikas in ihren Genen Spuren von fremden Arten in sich tragen.
Sie stammen noch aus der Zeit, in der der Homo sapiens Verbindungen mit anderen Menscharten wie Neandertalern oder Denisovanern (enge Verwandte der Neandertaler) einging. Diese Gruppen lebten alle in denselben Regionen Asiens. Dass der moderne Mensch die indigene Population verdrängte, wird damit ebenso infrage gestellt.
Die Forscher betonen dennoch, dass die Studie zunächst ein erster Baustein in der Erforschung der Ausbreitung der Menschheit sei. Gerade Asien sei zu wenig erforscht um abschließende Befunde geben zu können.
Um die Geschichte der Besiedlung der Welt zu rekonstruieren, müssten also noch weitere Fundstätten untersucht werden.
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