Bye-bye, Steak: Der Fleischverzehr ist in Deutschland auf einem Rekordtief und immer mehr vegane Ersatzprodukte erobern den Markt. Doch sind diese auch wirklich umweltfreundlicher?

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Elena Matera (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Als ich mit elf Jahren beschlossen habe, vegetarisch zu leben, waren meine Beweggründe weder das Klima noch die Massentierhaltung. Ich wollte schlichtweg keine Tiere mehr essen. Vor zwanzig Jahren war dieser Entschluss noch eine ziemlich große Sache. Auf Geburtstagen gab es den Nudelsalat nur mit Schinkenstreifen, in Restaurants bestanden die vegetarischen Gerichte in erster Linie aus Beilagen und von Familienmitgliedern wurde ich immer wieder dazu motiviert, doch mal ein kleines Stückchen Fleisch zu essen: "Probier doch wenigstens mal!"

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Heute sieht das schon anders aus. Die Supermarktregale sind voll mit vegetarischen und veganen Ersatzprodukten. Fastfood-Ketten bieten Fleischalternativen wie Plant-Based-Nuggets an und selbst Döner-"Fleisch" gibt es vielerorts vegetarisch.

Fleischkonsum ist in Deutschland auf Rekordtief

Auch in meinem Umfeld hat es einen gewaltigen Wandel gegeben. Selbst Hardcore-Fleischesser, die mich noch vor zehn Jahren schräg angeschaut oder gar kritisiert haben, bestellen mittlerweile ganz selbstverständlich einen veganen Burger, der mittlerweile oft genauso gut wie ein "echter" Fleischburger schmeckt.

Dass das nicht nur meine persönlichen Beobachtungen sind, zeigen die Zahlen des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) deutlich: Der Fleischkonsum in Deutschland ist auf einem Rekordtief - er hat den niedrigsten Stand seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1989 erreicht. Grund für den abnehmenden Fleischkonsum ist laut BZL zum einen die Inflation. Ein weiterer Grund liege aber auch im Trend hin zu einer pflanzenbasierten Ernährung. Die Zahl der verkauften Fleischersatzprodukte ist zwischen 2020 und 2022 um 41 Prozent gestiegen.

Ob vegane Leberwurst auf Basis von Erbsenproteinen oder Veggie-Hack aus Soja: Ich probiere gerne neue Ersatzprodukte aus. Denn auch ich habe als Kind gerne Lasagne mit Hackfleisch und Wiener Würstchen gegessen. Jetzt kann ich alle diese Produkte wieder genießen, ohne Tiere essen zu müssen – und es schmeckt, meistens.

Wie klimaschädlich ist Fleischkonsum?

Der Verzicht auf Fleisch liegt im Trend – und das ist gut fürs Klima. Die globale Fleischproduktion hat verglichen mit anderen Lebensmitteln einen erheblichen Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen. Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO gehen 14,5 Prozent aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen auf die Nutztierhaltung zurück; auf das Freisetzen von Kohlenstoffdioxid und vor allem auf die Gase Methan und Lachgas.

Die meisten Emissionen entstehen dabei bei der Futtermittelproduktion und bei der Fermentation im Verdauungstrakt der Tiere. Gerade Rinder, Schafe und Ziegen, also Wiederkäuer, produzieren erhebliche Mengen an Methan, das etwa 25-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid ist. Hinzu kommt, dass die Produktion tierischer Produkte über 80 Prozent der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche beansprucht.

Warum wir weniger Fleisch, aber auch weniger Milchprodukte konsumieren und dafür auf pflanzliche Alternativen setzen sollten, zeigt auch eine aktuelle Studie. Würden die Menschen demnach weltweit bis 2050 die Hälfte aller tierischen Produkte durch pflanzliche Alternativen ersetzen, könnten gut ein Drittel der durch Landwirtschaft produzierten Treibhausgase eingespart werden. Auch die Zerstörung von Wäldern und Lebensräumen könnte auf diese Weise nahezu komplett gestoppt werden.

Die Flächen, die dann nicht mehr für die Viehzucht benötigt werden, könnten durch Aufforstung sogar den Nutzen für das Klima verdoppeln, schreiben die Autorinnen und Autoren. Außerdem würden rund 31 Millionen Menschen weniger an Unterernährung leiden, da die Flächen für die Futtermittelproduktion dann für Nutzpflanzen zur Verfügung stehen würden. Vor allem Rindfleisch zu ersetzen, hätte den größten positiven Einfluss, zeigen die Berechnungen.

Dass Fleisch dem Klima mehr schadet als Ersatzprodukte, belegen auch weitere Studien und Berechnungen, darunter auch eine vom Umweltbundesamt. Demnach werden für die Produktion eines Kilos Soja-Fleischersatzes rund 2,8 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre emittiert – für Rindfleisch sind es mit 30,5 Kilogramm hingegen mehr als das Zehnfache.

Ersatzprodukte können gesund sein

Aber sind solche Ersatzprodukte auch gesund? Es kommt darauf an. Viele der Fleisch- und Milchalternativen auf Basis von Soja, Hafer, Erbsen oder Linsen haben laut den Studienautoren und -autorinnen einen hohen Proteinanteil und enthalten im Vergleich zu tierischen Produkten weniger Cholesterin und viele Ballaststoffe.

Allerdings sind einige der Ersatzprodukte zum Teil stark verarbeitet – ein Hauptkritikpunkt an den Alternativen. Auch die Autoren und Autorinnen der Studie schreiben, dass es große Unterschiede zwischen den Produkten gibt: So werden zum Beispiel auch oft Zusatzstoffe wie Konservierungsstoffe und Verdickungsmittel eingesetzt. Viele Produkte enthalten zudem einen zu hohen Salz- und Zuckergehalt. Die Verbraucherzentrale rät daher, nicht jeden Tag solche Alternativen zu sich zu nehmen. Allerdings habe der Salzgehalt und auch der Anteil der Zusatzstoffe in den vergangenen Jahren abgenommen – immerhin.

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Rindfleisch ist besonders klimaschädlich

Der Trend hin zu pflanzlichen Ersatzprodukten ist gut für Klima, Umwelt, Menschen und für das Tierwohl. Wichtig ist es, darauf zu achten, dass man wenig verarbeitete und verpackte Produkte isst. Und klar, am gesündesten ist es nach wie vor, wenn man statt Fleisch auf Hülsenfrüchte und andere pflanzliche Proteinquellen setzt, unverarbeitet und ohne Zusatzstoffe – am besten saisonal und aus der Region.

Ich zumindest bin großer Fan der Ersatzprodukte und freue mich, endlich wieder Würstchen und Salami essen zu können. Fest steht: Die Ersatzprodukte erleichtern die Umstellung hin zu einer pflanzenbasierten Ernährung deutlich. Und ob tierisches oder veganes Hack in der Lasagne steckt – wer soll den Unterschied mittlerweile noch herausschmecken?

Verwendete Quellen:

Dieser Beitrag stammt vom Journalismusportal RiffReporter. Auf riffreporter.de berichten rund 100 unabhängige JournalistInnen gemeinsam zu Aktuellem und Hintergründen. Die RiffReporter wurden für ihr Angebot mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet.

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