Für viel Geld die Wohnung kühlen und damit das Klima noch stärker aufheizen? Warum Klimaanlagen das letzte Mittel sein sollten und was ein gutes Gerät ausmacht.
Fast 40 Prozent des Energiebedarfs in Deutschland dienen dazu, Gebäude zu heizen oder zu kühlen. Vor allem der Kühlbedarf steigt in Folge der Klimakrise kontinuierlich an. Uns allen wohl noch in Erinnerung: Der Juli 2023 war global der heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen - und der Klimaforschung zufolge könnte sich das, was einst ein Jahrhundertsommer war, schon bald alle zwei bis fünf Jahre ereignen. Infolgedessen fragen sich immer mehr Menschen, ob es nötig ist, eine Klimaanlage zu installieren.
Die meisten Klimaanlagen in China und den USA
Belastbare Zahlen, wie viele Klimaanlagen in Deutschland bereits im Einsatz sind, sind schwierig zu finden. Das Institut für sozial-ökologische Forschung ermittelte 2015 in einer Befragung, dass drei Prozent der Haushalte eine Klimaanlage besitzen, vorrangig mobile Geräte. Das Umweltbundesamt sprach 2020 davon, dass ein bis zwei Prozent der Wohnfläche in Deutschland gekühlt werden.
Eine Umfrage im Auftrag des Vergleichsportals Verivox in diesem Jahr ergab, dass bereits jeder achte Haushalt eine Klimaanlage nutzt, ebenfalls mit einem Schwerpunkt auf mobilen Geräten. Das wäre ein ordentlicher Zuwachs. Sicher ist jedoch, dass die Nachfrage steigt: Das Statistische Bundesamt meldet, dass der Wert der Importe von Klimaanlagen von 85 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 115 Millionen im Jahr 2020 gewachsen ist.
Weltweit sind derzeit nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) rund zwei Milliarden Klimaanlagen verbaut, vor allem in China und den USA. Der internationale Markt wächst jährlich um etwa sechs Prozent. 2050 könnten es sieben Milliarden Geräte sein.
Mobile Klimageräte sind ineffizienter als stationäre
Stationäre Klimageräte sind teurer in der Anschaffung und erfordern oft bauliche Veränderungen. Dafür können sie dann auch die gesamte Wohnung klimatisieren. Meist handelt es sich um sogenannte Split-Geräte, die zwar kühlen, aber keine Lüftungsfunktion haben.
Mobile Geräte sind bereits ab 200 Euro zu haben und lassen sich ohne bauliche Änderung einsetzen. Darum finden sie sich meist in Mietwohnungen. Allerdings gelingt es selten, damit mehr als einen Raum wirklich kühl zu halten. Außerdem sind sie wesentlich ineffizienter und um ein Mehrfaches teurer im Betrieb als stationäre Anlagen.
Eine gute Klimaanlage sollte Lüftung und Kühlung kombinieren, weil so Luftqualität, Wärmerückgewinnung und Kühlung in einem Gerät effizient verbunden sind.
Ein Problem aber haben beide Varianten: einen hohen Energiebedarf. Laut IEA wurde bereits 2018 ein Zehntel des weltweit erzeugten Stroms für Klimaanlagen verwendet. Prognosen zufolge könnte ein Land wie Indien im Jahr 2050 an heißen Tagen zwei Fünftel seines gesamten Stroms für Klimaanlagen aufwenden müssen. Immerhin arbeiten die Hersteller daran, die Effizienz ihrer Geräte zu steigern – wohl auch, weil ab 2024 in der EU auch für Klimaanlagen Effizienzlabel verpflichtend werden.
Zudem berichtete 2020 das Umweltbundesamt, dass noch immer in über 95 Prozent der Klimaanlagen Kältemittel arbeiten, die äußerst klimaschädlich sind. Das liegt auch daran, dass Brandschutzvorschriften natürliche Kältemittel verhindern, weil brennbare Kältemittel nicht durch Leitungen durch die Wohnung geführt werden dürfen. Gerade stationäre Anlagen mit längeren Kältemittelleitungen verlieren jedoch Kältemittel.
Das Umweltbundesamt spricht von Leckage-Raten von sieben Prozent, durch die signifikante Mengen teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) in die Atmosphäre gelangen. Bereits 2010 sollen die HFKW-Emissionen von Klimaanlagen in Deutschland der Wirkung von 717.400 Tonnen CO2 entsprochen haben. Inzwischen arbeiten immer mehr Klimaanlagen ohne HFKW. Besonders vielversprechend sind sogenannte Sorptionsgeräte, die mittels thermischer Verdichtung arbeiten und harmlose Kältemittel verwenden. Sie sind jedoch komplexer und entsprechend teurer.
Nimmt man die Emissionen durch die Stromerzeugung und die Kältemittel zusammen, sind Klimaanlagen für rund ein Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich – dreimal so viel wie der Luftverkehr . Bis 2100 könnten dem World Economic Forum zufolge allein Klimaanlagen das weltweite Klima um 0,5 Grad aufheizen.
Dämmung spielt auch im Sommer eine wichtige Rolle
Viel Energie lässt sich sparen, wenn Temperatur – und gegebenenfalls Feuchtigkeit – nur bis zur Komfortgrenze gesenkt werden, was 26 Grad beziehungsweise 60 Prozent Luftfeuchte entspricht. Es gibt aber auch Alternativen: Die einfachste in Wohngebäuden sind Außenrollläden. In Bürogebäuden hingegen ist der Kühlbedarf infolge großer Glasflächen, vieler Menschen und elektrischer Geräte um ein Vielfaches höher und Außenrollläden allein können ein Gebäude nicht kühl halten.
Allerdings kann eine gut gedämmte Gebäudehülle Wärme sehr wirksam draußen halten, wenn sie durch Außenrollläden unterstützt wird. Dämmung ist damit nicht nur im Winter eine entscheidende Maßnahme, um den Energiebedarf zu senken und Gebäude angenehm zu temperieren, sondern auch im Sommer.
Zu einer kühleren Wohnung können auch Wärmepumpen beitragen, die im Sommer den Heizkreislauf kühlen und so – vor allem bei Fußbodenheizungen – die Raumtemperatur um zwei bis drei Grad senken. Hilfreich sind außerdem kontrollierte Wohnraumlüftungen mit Wärmetauschern, die die hereinkommende heiße Luft bereits durch die austretende kühlere Luft etwas abkühlen.
Nicht zuletzt ist Städteplanung in Zukunft von großer Bedeutung: Hinreichend große Grünflächen und Luftkorridore durch die Stadt können das lokale Mikroklima um mehrere Grad abkühlen.
Verwendete Quellen:
- enbausa.de: Klimaanlagen sind in Privathaushalten noch die Ausnahme
- Statistisches Bundesamt: Import von Klimaanlagen 2020 um 28 % höher als im Vorjahr
- Umweltbundesamt: Gebäudeklimatisierung in Deutschland
- vditz.de: Kühlen gegen das Klima
- verivox.de: 13 Prozent der Deutschen nutzen eine Klimaanlage
- Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE: Wärme- und Kältespeicher
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.