Obwohl die Klimakrise medial oft von anderen Krisen verdrängt wird, bewegt sich lokal überraschend viel in Sachen Klimaschutz. Ob in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen: Es lohnt sich, genauer hinzusehen.
Wenn ich mir derzeit die Talkshows, Nachrichten und Titelseiten anschaue, scheint der Klimawandel nur noch eine Randnotiz zu sein. Kein Wunder: Zwischen Kriegen, Anschlägen und Wahldebakeln für die Ampel-Parteien scheint für die Klimakrise kein Platz mehr zu sein.
Dabei sind die Folgen des Klimawandels derzeit unübersehbar: verheerende Hochwasser in Mittel- und Ost-Europa, schwere Waldbrände in Brasilien, und das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) warnt vor einer weiteren planetaren Grenze, die wir bald überschreiten könnten – die Ozeanversauerung.
Aber das heißt nicht, dass in Sachen Klimaschutz nichts passiert. Im Gegenteil. Wer genauer hinschaut, sieht: Gerade auf lokaler Ebene bewegt sich viel.
Wie Bürgerbusse in ländlichen Regionen Mobilität sichern
Als Stadtkind bin ich verwöhnt: Ein dichtes Netz an Bus- und Bahnverbindungen macht mich mobil, selbst spät in der Nacht. In ländlichen Gegenden sieht das schon ganz anders aus – ohne Auto geht oft gar nichts. Besonders Kinder und Jugendliche und ältere Menschen, die noch nicht oder nicht mehr fahren können oder dürfen, sind daher oft isoliert.
In ganz Deutschland entstehen daher immer mehr Bürgerinitiativen, die die Lücken im Nahverkehr selbst schließen wollen, statt auf die Politik zu warten. Ein Vorzeigebeispiel gibt es etwa in Ottersberg, Niedersachsen. Dort haben Bürger und Bürgerinnen den BürgerBus Ottersberg e.V. gegründet. Zwei ehrenamtlich gesteuerte Minibusse fahren nun ergänzend zum normalen Fahrplan.
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Ein ähnliches Projekt gibt es in der Gemeinde Grambow in Mecklenburg-Vorpommern. Hier plant der Förderverein Unser Grambow e.V., einen alten Feuerwehrbus in einen Bürgerbus umzubauen – wieder einmal: ehrenamtlich. Solche Projekte zeigen einmal mehr, dass lokaler Klimaschutz mehr ist als nur das Reduzieren von CO2: Es geht auch um soziale Teilhabe und Mobilität.
Ein Mini-Wald in Gotha: Die Klimaoase in der Stadt
Wälder sind extrem wichtig für den Klimaschutz: Sie speichern CO2, verbessern die Luftqualität, spenden Schatten, halten Wasser im Boden und schützen vor Überschwemmungen. Und Wälder können auch mitten in der Stadt wachsen. Ein Beispiel dafür findet sich in der Stadt Gotha in Thüringen.
Vor drei Jahren wurde dort auf einer brachliegenden Fläche ein "Mini-Wald" gepflanzt, einer der ersten sogenannten Tiny Forests in Deutschland. Das Konzept stammt vom japanischen Biologen Akira Miyawaki und dem indischen Ingenieur Shubhendu Sharma: Auf kleiner Fläche werden viele Baumarten dicht gepflanzt, um die Biodiversität zu fördern und schnell wachsende, urbane Wälder zu schaffen.
In Gotha stehen nun auf 710 Quadratmetern rund 2.500 Bäume und 90 Sträucher, sorgfältig ausgewählt und eng aneinander gepflanzt, um eine "urbane Wildnis" mitten in der Stadt zu schaffen. Der Mini-Wald filtert Feinstaub und Abgase und bietet Lebensraum für Tiere und Pflanzen.
Doch der Wald bringt noch mehr: Er verbessert das Wohnumfeld für die Anwohner und Anwohnerinnen, schafft an einer stark befahrenen Straße frische Luft und eine kleine grüne Oase. Die Stadt Gotha wurde für dieses Projekt kürzlich mit dem Thüringer Naturschutzpreis 2024 ausgezeichnet.
Zurück auf die Schiene: Reaktivierung der Strecke Malente–Lütjenburg
Die Wiederbelebung stillgelegter Bahnstrecken ist eine einfache, aber effektive Maßnahme, um mehr Menschen Zugang zu klimafreundlicher Mobilität zu ermöglichen. Ein spannendes Beispiel kommt dabei aus Schleswig-Holstein: Die Strecke zwischen Malente und Lütjenburg, auf der 1976 der letzte Personenzug fuhr, wird reaktiviert.
2022 kaufte der Lütjenburger Sven Ratjens mit Unterstützung des Vereins Schienenverkehr Malente-Lütjenburg, den er mitgegründet hat, die 17 Kilometer lange Strecke von einem Privatmann.
In Zusammenarbeit mit der Christian-Albrechts-Universität Kiel und weiteren Partnern entwickelt ein Team nun innovative Lösungen für den ländlichen Schienenverkehr. Hier werden zum Beispiel Technologien wie autonome Züge und neue Sicherheitssysteme getestet – Konzepte, die anderswo schwer umsetzbar wären. Bis 2026 sollen auf der Strecke wieder Triebwagen rollen.
Klimaschulen in Sachsen
Klimabildung beginnt bereits im Klassenzimmer – und Sachsen zeigt, wie das aussehen kann. Seit 2015 gibt es dort die sogenannten Klimaschulen, eine Initiative des sächsischen Umwelt- und Kultusministeriums, die den Klimaschutz fest im Schulalltag verankern will. Dabei sollen Schüler und Schülerinnen nicht nur etwas über den Klimawandel lernen, sondern Klimaschutz auch mehr im Alltag umsetzen.
Jetzt soll das Projekt weiter ausgebaut werden: Unter dem Namen Klimaschulen 2030 will Sachsen das Thema Nachhaltigkeit weiter in den Schulen voranbringen. Experten sollen die Schüler und Schülerinnen bei Themen wie Energiesparen, Energieeffizienz und der Umsetzung von Klimaprojekten unterstützen.
Ob zu nachhaltiger Mobilität, Ernährung oder Müllvermeidung – Schüler und Schülerinnen sollen selbst eigene Klimaschutzprojekte umsetzen. Aktuell machen bereits 40 Schulen in Sachsen bei dem Projekt mit. Jede erhält jährlich 1.000 Euro Förderung sowie bis zu 2.000 Euro für Klimaprojekte. Auch in anderen Bundesländern gibt es ein Netzwerk von Klimaschulen, zum Beispiel in Hamburg.
Wie Klimaschutzmanager die Transformation voranbringen
In immer mehr Landkreisen und Kommunen sorgen Klimaschutzmanager dafür, dass lokale Klimaprojekte umgesetzt werden. Um nur drei aktuelle Beispiele zu nennen:
- Philipp Tommrich ist seit Kurzem der erste Klimaschutzmanager in der sächsischen Kleinstadt Taucha.
- Die 29-jährige Lea Höß hat ebenfalls ihre Arbeit als erste Klimaschutzmanagerin in Kaufbeuren in Bayern aufgenommen.
- Und in Linnich, einem Städtchen an der Ruhr in NRW, ist Christina Rauch nun ebenfalls als Klimaschutzmanagerin im Einsatz.
Ihr Ziel: die Kommune Schritt für Schritt klimaneutral zu machen. Klimaschutzmanager erstellen Klimaschutzpläne, setzen Maßnahmen wie Car-Sharing oder E-Ladesäulen um und vernetzen sich mit lokalen Initiativen und Unternehmen.
Sie sorgen außerdem dafür, dass ihre Maßnahmen verstanden und akzeptiert werden, indem sie zum Beispiel Informationsveranstaltungen organisieren und die Öffentlichkeit mit einbeziehen. Gleichzeitig vernetzen sie sich mit lokalen Initiativen und Unternehmen, um gemeinsam noch größere Projekte zu stemmen. Das alles wird vom Bund unterstützt: Fördermittel aus der Nationalen Klimaschutzinitiative helfen den Kommunen, die Stellen auszubauen.
Diese fünf Beispiele sind nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was in vielen Ecken Deutschlands in Sachen Klimaschutz passiert. Auch wenn große Krisen den Klimawandel aus dem Blickfeld drängen, gilt weiterhin: Es bewegt sich etwas – und oft sind es gerade die kleinen, engagierten Projekte vor Ort, die einen echten Unterschied machen.
Wer genauer hinsieht, merkt schnell, dass der Wandel oft direkt um die Ecke beginnt – im eigenen Viertel, bei den Nachbarn oder durch ein Projekt in der Region. Also: Es lohnt sich, mit den Menschen vor Ort zu sprechen oder mal in die Lokalzeitung zu schauen – da steckt oft mehr Klimaschutz drin, als man denkt.
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Verwendete Quellen
- planetaryguardians.org: The Planetary Boundary Health Check: Science for a Safe Planet
- buergerbus-ottersberg.de: Bürgerbus Ottersberg e.V.
- klimaschutz-nebenan.de: Bürgerbus für die Gemeinde Grambow
- gotha-aktuell.info: Gotha erhält Thüringer Naturschutzpreis 2024 für Klimaschutzprojekt "Mini-Wald"
- Schienenverkehr Malente-Lütjenburg e.V.: Homepage
- medienservice.sachsen.de: Klimaschulen bekommen weitere Unterstützung
- Leipziger Volkszeitung: Was ändert sich für die Tauchaer durch Ihr Klimaschutzkonzept, Herr Tommrich?
- allgaeuer-zeitung.de: Booster gegen Treibhausgase - was macht eine Allgäuer Klimaschutzmanagerin?
- aachener-zeitung.de: Eine neue Managerin für den Klimaschutz
- klimaschutz.de: Das Förderprogramm für Ihr Vorhaben
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