Die Sorge um den Klimawandel war weltweit noch nie so groß – vor allem in den Ländern des Globalen Südens. Warum die Politik die Menschen endlich ernst nehmen muss.
Nach der Europawahl erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich in der U-Bahn, an der Supermarktkasse oder auf der Straße Menschen angeschaut und mich dabei gefragt habe: Hat derjenige die AfD gewählt?
Immerhin wählten fast 16 Prozent der Menschen in Deutschland die AfD – eine Partei, die nicht nur rechtspopulistisch und demokratiefeindlich ist, sondern auch den menschengemachten Klimawandel leugnet.
Und wenn man sich, wie ich es als Klima- und Umweltjournalistin tue, fast täglich mit Rekordtemperaturen, aussterbenden Tier- und Pflanzenarten und zunehmenden Extremwetterereignissen beschäftigt, kann man nach so einer Wahl schnell verzweifeln.
UN-Studie: Menschen machen sich große Sorgen um den Klimawandel
Fakt ist: Die Wissenschaft ist sich weltweit einig, dass wir Menschen für die globale Erwärmung verantwortlich sind. Seit Beginn der Industrialisierung verbrennen wir Kohle, Öl und Gas. Die Treibhausgasemissionen steigen – die Erde erhitzt sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Wir holzen Wälder ab und zerstören immer weiter Lebensräume.
Und die Auswirkungen des Klimawandels können wir weltweit sehen. Wir haben Rekordtemperaturen in den Ozeanen und an Land. Wir haben immer mehr Starkregen, Hochwasserereignisse, Hitzewellen, Waldbrände – auch bei uns in Deutschland.
Das Positive ist: Die Mehrheit der Menschen sieht das. Sie erkennen den Einfluss der Menschen auf den Klimawandel, sie spüren die Auswirkungen und nehmen sie ernst. Das zeigt jetzt eine aktuelle Umfrage der Vereinten Nationen (UN). Befragt wurden mehr als 73.000 Menschen aus 77 Ländern.
Über 80 Prozent wünschen sich stärkere Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise
Das Ergebnis: Noch nie hat der Klimawandel die Menschen so beschäftigt wie heute. Fast jeder zweite Befragte gab an, wegen des Klimawandels besorgter zu sein als im Vorjahr – vor allem in den Ländern des Globalen Südens, die die Folgen der Klimakrise bereits deutlich spüren.
In Fidschi machte sich der größte Anteil der Befragten zunehmend entsprechende Sorgen (80 Prozent), gefolgt von Afghanistan (78 Prozent), Mexiko und der Türkei (jeweils 77 Prozent).
Mehr als 80 Prozent der Befragten – also vier von fünf – wünschen sich daher auch stärkere Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise. Und damit nicht genug: 86 Prozent fordern, dass ihre Länder geopolitische Differenzen beiseitelegen und gemeinsam den Klimawandel bekämpfen. Diese Einigkeit in den Antworten ist gerade in unserer heutigen Welt mit mehr Konflikten und wachsendem Nationalismus besonders bemerkenswert, wie ich finde.
Auch in Deutschland sind bis zu 67 Prozent der Menschen für stärkere Klimamaßnahmen. Außerdem sind 72 Prozent der Menschen weltweit für einen schnellen Übergang weg von fossilen Brennstoffen. Das gilt übrigens auch für die Länder unter den zehn größten Produzenten von Öl, Gas und Kohle. Hierbei reichen die Mehrheiten von 89 Prozent in Nigeria bis zu 54 Prozent der Menschen in den Vereinigten Staaten. Nur sieben Prozent der befragten Menschen sagten weltweit, ihr Land solle nicht auf Erneuerbare umsteigen.
Rekordtemperatur in Indien, Hitzewelle in Südeuropa
Die Studie zeigt also deutlich: Die meisten Menschen machen sich Sorgen um den Klimawandel und fordern mehr Klimaschutz sowie mehr Zusammenarbeit der Länder. Und gerade die Länder des Globalen Südens fordern dies noch einmal mehr. Kein Wunder – sie leiden bereits heute viel stärker als Länder wie Deutschland unter den Folgen der Klimakrise.
Ein aktuelles Beispiel: In Indien wurde vor einigen Wochen eine Rekordtemperatur von 52,3 Grad Celsius gemessen, die für uns Menschen lebensgefährlich ist.
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Auch in Südeuropa ist die erste Hitzewelle des Jahres laut Experten zu früh eingetroffen. Und in Deutschland hatte der Klimawandel laut einer aktuellen Analyse einen Anteil am Ausmaß des Hochwassers in Süddeutschland vor ein paar Wochen. Der Starkregen sei demnach bis zu zehn Prozent stärker ausgefallen als ohne menschengemachte Erwärmung, heißt es von Seiten des Forschungskonsortium Climameter.
Die Klimawandelleugner sind in der Minderheit
Das bedeutet, dass die Meinung von Klimawandelleugnern, die es auch in der AfD gibt, weltweit in der Minderheit ist. Und ja, das ist ein deutliches Zeichen an die Politik, gerade auch in Hinblick auf die bevorstehende Weltklimakonferenz im November dieses Jahres. Die Unterstützung für stärkere Klimaschutzmaßnahmen ist da – und zwar überall auf der Welt.
Politiker sollten also endlich anfangen, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Die Lösungen sind alle bereits vorhanden, aber es hapert nach wie vor an der Umsetzung. Selbst einfachste Maßnahmen wie die Einführung des Tempolimits, für die übrigens auch die Mehrheit der Deutschen stimmt, werden nicht umgesetzt.
Solange man nur auf die wenigen Menschen hört, die sich immer wieder gegen die kleinsten Klimaschutzmaßnahmen stellen, den Klimaschutz verzögern oder gar die Klimakrise an sich leugnen, kommen wir nicht weiter. Und natürlich geht es auch darum, die Klimaschutzmaßnahmen sozialverträglich zu gestalten und nicht einfach unüberlegt Maßnahmen umzusetzen. Das versprochene Klimageld ist da ein gutes Beispiel, wie es funktionieren könnte – wenn es dann auch endlich mal ausgezahlt werden würde.
Mich zumindest hat die Studie wieder optimistisch gestimmt. Egal, in welchem Land der Welt ich unterwegs bin, ob in Deutschland, Italien, in Pakistan oder in China. Wenn ich jetzt auf der Straße entlanggehe und mir jemand entgegenkommt, denke ich: Ja, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich derjenige für stärkere Klimaschutzmaßnahmen einsetzt.
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Verwendete Quellen
- peoplesclimate.vote: Reports & Resources
- tagesschau.de: Dutzende Tote bei Hitzewelle in Neu-Delhi
- climameter.org: Southern Germany floods mostly strengthened by human- driven Climate Change
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