Mysteriöse Erscheinungen auf Fotos, geheimnisvolle Figuren, unerklärliche Phänomene: Immer wieder berichten Menschen, dass sie Geister gesehen oder zufällig auf Fotos gebannt haben. Doch kann das wirklich wahr sein?
Das "Stanley Hotel" in Estes Park im US-Bundesstaat Colorado ist bei Geisterjägern sehr beliebt: Schließlich hat Autor
Allein die Treppe im Foyer ist ziemlich imposant und wird von Gästen oft fotografiert. So auch von Henry Yau, der mit seiner Frau dort übernachtet hatte. Er wartete, bis die Treppe leer war, und nahm sie mit seinem iPhone ins Visier.
Das Foto sah er sich erst am nächsten Morgen an – und entdeckte darauf eine schwebende Gestalt. "Oh mein Gott! Ich habe womöglich einen Geist fotografiert", schrieb er und postete das Foto Mitte April bei Instagram.
Hunderte Menschen kommentierten das Foto und spekulierten, wer die schemenhafte Frau im schwarzen Kleid sein könnte. Vielleicht handelt es sich um die lang verstorbene Ehefrau des Erbauers? Sie soll angeblich nachts durch den Ballsaal streifen und manchmal auch Klavier spielen.
Dämonische Fratzen, Füße ohne Körper
Fotos, auf denen solche Phänomene zu sehen sind, haben Hochkonjunktur im Internet. Hunderte kursieren in Foren, auf Blogs und anderen Webseiten.
Allein in den letzten Monaten sind mehrere neue aufgetaucht: Ein Fischer machte ein Selfie mit sich und seinem Fang, im Hintergrund ist eine dämonische Fratze zu sehen. Ein japanischer Vater fotografierte seine Tochter am Meer, hinter ihr sind Füße in Stiefeln zu erkennen, nicht aber der Rest des Körpers.
Unerklärliche Gestalten auf Bildern sind aber kein Phänomen der Gegenwart. Ein noch heute oft geteiltes Bild im Internet stammt aus dem Jahr 1959.
Mabel Chinnery besuchte das Grab ihrer Mutter. Anschließend fotografierte sie ihren Ehemann, der allein im Auto saß. Nach dem Entwickeln des Bildes machte sie eine gespenstische Entdeckung: Auf dem Rücksitz kauerte eine weitere Gestalt. Die Frau war sicher: Es war der Geist ihrer toten Mutter.
Manchmal tauchen die Geister sogar in Videos auf: Die Überwachungskamera eines Hotels in Schottland hielt zum Beispiel zufällig einen wabernden Umriss auf einem Parkplatz fest. Handelt es sich um ein Kind, das hier vor Jahrzehnten starb? Oder ist es doch nur ein flatterndes Tuch?
Eine Pesthütte im Wald
Manche Geister tauchen nicht auf Bildern auf, sondern in schaurigen Legenden, die seit vielen Jahren weitererzählt werden. An zahlreichen Orten, auch in Deutschland, spukt es demnach selbst heute noch – etwa in einer verfluchten Kapelle mitten in einem Wald in Bayern.
Dort, in der Nähe von Weilheim, sollen während der Pest viele Menschen begraben worden sein. Eine Frau hängt der Sage nach an einem Baum. In der Kapelle brennen nachts Lichter und es sind Schreie zu hören. Zum Glück gibt es aber auch einen geheimnisvollen schwarzen Hund, der den Menschen, die sich verirrt haben, den Weg nach Hause weist.
Jeder Dritte hatte paranormale Erlebnisse
Solche Grusel-Geschichten sammeln diverse Plattformen im Internet. Sie enthalten immer ähnliche Elemente: Lichter und Geräusche, die plötzlich auftauchen, unerwartete Temperaturveränderungen oder seltsame Gestalten, die im Raum zu schweben scheinen.
Drei Viertel der Deutschen sollen laut der Parapsychologischen Beratungsstelle Freiburg mindestens einmal in ihrem Leben "ein ungewöhnliches Erlebnis" gehabt haben, "das sich im weitesten Sinne dem Bereich paranormale Erfahrungen zuordnen lässt".
Das angebliche Spukschloss von Heinrich VIII.
Doch die meisten der Erzählungen gehören wohl ins Reich der Fantasie oder lassen sich mit Sinnestäuschungen erklären, meinen Wissenschaftler. Bewiesen werden konnte die Existenz von Gespenstern nie.
Bei einem Experiment in England untersuchten Experten das Phänomen. Im Schloss Hampton Court Palace gab es immer wieder Berichte von verschreckten Besuchern, die meinten, dass es dort spuke.
Das Schloss hat tatsächlich eine gruselige Vergangenheit: Der berüchtigte König Heinrich VIII. ließ dort eine seiner sechs Ehefrauen, Catherine Howard, in einem Verlies im Keller einsperren. Der Vorwurf: Sie soll fremdgegangen sein. Die Königin wurde 1542 hingerichtet.
Kurz vor ihrem Tod soll sie aber noch zu den Räumen ihres Mannes gerannt sein, um ihn um Gnade anzuflehen. Genau dort soll es noch heute spuken. Die Forscher schickten 500 Freiwillige aller Altersklassen mit der Bitte durch die Räume, ihre Eindrücke zu schildern.
Mehr als die Hälfte berichtete von beklemmenden Gefühlen, plötzlicher Angst oder Kälteschauern. Einige waren sicher, dass jemand sie an der Kleidung berührt hatte. Die Wissenschaftler erklärten das mit starken Temperaturunterschieden in dem alten Schloss.
Erklärungen: Temperaturschwankungen, Dunkelheit, Kraftfelder
Der Wind pfeift an manchen Stellen stärker durch die brüchigen Mauern. An anderen Orten gibt es gar keine Luftzirkulation, dort ist es plötzlich kälter. Außerdem gibt es stärkere und schwächere Magnetfelder in dem Schloss. Diese Luftveränderungen und Kraftfelder sorgten nach Meinung der Experten für Sinnestäuschungen, welche die Betroffenen als "gespenstisch" interpretierten.
Auch Dunkelheit und Kälte können ein ungutes Gefühl hervorrufen und in engen Räumen für Beklemmung sorgen. Darüber hinaus gibt es einige physikalische Phänomene, die von Menschen nicht direkt wahrgenommen werden, die aber die Stimmung der Betroffenen beeinflussen.
Ein Wissenschaftler fand beispielsweise heraus, dass elektronische Geräte Infraschall aussenden können. Dieser ist zwar nicht hörbar, kann aber zum Beispiel Augäpfel in leichte Schwingungen versetzen. Die Augenbewegungen gaukeln dann dem Gehirn eine Wahrnehmung vor, etwa eine Bewegung.
Und wie kommen die Geister auf die Fotos? Moderne Bilder können leicht mit Photoshop manipuliert worden sein – diesen Vorwurf musste sich auch "Stanley Hotel"-Besucher Henry Yau gefallen lassen.
Auf anderen Bildern sind womöglich nur Luftspiegelungen oder Schatten zu sehen, die den Eindruck eines Gesichts oder einer Gestalt hervorrufen. Manchmal erzeugt auch der Hintergrund des Motivs eine Illusion.
Der Geist aus der Zahnarztpraxis
Hinter einigen angeblichen Geistererscheinungen steckt auch einfach nur ein mehr oder weniger geschickt gemachter Betrug: 1982 machte der Geist "Chopper" Schlagzeilen, der offenbar in einer Zahnarztpraxis in der Oberpfalz spukte.
Er war nie zu sehen, nur zu hören: Eine Stimme beleidigte die Patienten, sie sprach aus der Toilettenschüssel oder dem Abfluss. Wochenlang versuchten Parapsychologen und Experten "Chopper" auf die Spur zu kommen, Kamerateams aus der ganzen Welt waren zu Gast.
Schließlich stellte sich heraus: Die 16-jährige Auszubildende Claudia hatte dem "Geist" ihre Stimme geliehen – und alle zum Narren gehalten.
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