Graue Außerirdische in schwarzen Anzügen stechen mit einer langen Nadel tief in den Bauchnabel, nehmen Untersuchungen an Menschen vor und kommunizieren per Gedankenübertragung: Was klingt wie ein Science-Fiction-Film, ist einem amerikanischen Ehepaar angeblich tatsächlich passiert. Betty und Barney Hill sollen 1961 von Aliens in ein Raumschiff entführt worden sein. Was ist dran an der Geschichte?
Am Abend des 19. September 1961 fuhr das Ehepaar Hill auf einer einsamen Straße im US-Bundesstaat New Hampshire. Die beiden kamen gerade aus dem Urlaub an den Niagarafällen zurück und hatten ihren Hund dabei. Barney saß am Steuer, als Betty gegen 22:30 Uhr ein eigenartiges, helles Objekt am Himmel entdeckte, knapp unterhalb des Mondes.
Es bewegte sich aufwärts fort. Die 42-Jährige dachte zuerst an einen Stern, doch das Ding wurde immer größer. Das Paar hielt an einem Parkplatz an und betrachtete das scheibenförmige Flugobjekt durch ein Fernglas. Barney sah mehrere kleine, menschenähnliche Figuren an den Fenstern. Das Ding leuchtete gleißend hell. Die Hills wollten es nun genauer wissen, stiegen wieder ins Auto und fuhren in Richtung des Lichts.
Drei Stunden Zeitverlust und 60 Kilometer Entfernung
Dann hörten sie plötzlich ein brummendes Geräusch - und wurden auf einen Schlag sehr müde. Als sie wieder zu Bewusstsein kamen, waren drei Stunden vergangen und sie saßen knapp 60 Kilometer entfernt in ihrem Fahrzeug. Aber sie erinnerten sich nicht mehr, was in der Zwischenzeit passiert war.
Ihre Armbanduhren waren stehengeblieben, ihre Schuhe und Kleider teilweise zerrissen. Auf Bettys Kleid befand sich ein merkwürdiges pinkfarbenes Pulver. Die Hills wandten sich an einen Luftwaffenstützpunkt und meldeten, dass sie ein UFO gesehen hätten.
Wenige Tage danach schrieb Betty einen Brief an die Organisation Nicap, die sich mit der Erforschung nicht identifizierbarer Flugobjekte befasste. Sie beschrieb darin merkwürdige Albträume, die sie in mehreren Nächten erlebt hatte und die dann schlagartig aufhörten.
Sie träumte unter anderem, dass menschenähnliche Figuren Untersuchungen an ihr und ihrem 39 Jahre alten Ehemann vornahmen. Die Träume schrieb Betty gewissenhaft auf, denn sie war überzeugt: Sie und Barney waren von Außerirdischen entführt worden. Die Frau trat auch bei mehreren Versammlungen auf und erzählte von den Aliens. Ihr Ehemann war skeptischer.
Hypnose bringt Unglaubliches ans Tageslicht
Zwei Jahre später suchten die beiden den Psychiater Benjamin Simon auf. Er sollte unter Hypnose herausfinden, was wirklich geschehen war. Der renommierte Arzt versetzte beide in einen unbewussten Zustand und befragte sie mehrere Male getrennt voneinander. Er beschrieb sie als sehr ängstlich und aufgeregt während der Hypnose, Betty brach sogar in Tränen aus.
Beide Eheleute erzählten eine unglaubliche Geschichte. Das Flugobjekt war demnach immer tiefer geflogen, bis die Hills ihr Auto mitten auf der Straße anhielten. Graue Wesen stiegen aus dem Raumschiff, sie trugen schwarz glänzende Anzüge und Mützen.
Sie unterhielten sich in einer unbekannten Sprache miteinander, dennoch konnten die Hills sie verstehen. Allerdings bewegten die Aliens dabei den Mund nicht, sie vermittelten ihre Worte per Gedankenübertragung.
Aliens entnehmen Sperma- und Hautproben
Sie brachten das Paar an Bord des UFOs und untersuchten es in getrennten Räumen. Von Betty sammelten sie Haar-, Haut- und Nagelproben und stachen ihr mit einer langen Nadel in den Bauchnabel. Barney erklärte unter Hypnose, die Außerirdischen hätten ihm in den Anus geschaut und eine Spermaprobe entnommen.
Einer der Aliens wollte der Frau ein Buch schenken, doch die anderen waren dagegen. So zeigte er ihr nur eine dreidimensionale Sternenkarte. Bevor die Menschen wieder ins Auto gesetzt wurden, brachten die Wesen sie dazu, alles zu vergessen.
Nach den Hypnosesitzungen war auch Barney überzeugt, dass er und seine Frau von Aliens entführt worden waren. Schnell wurden die Medien auf die wunderliche Geschichte aufmerksam: Sie machte weltweit Schlagzeilen. 1966 erschien der Bestseller "The Interrupted Journey", in dem auch der Psychiater zu Wort kam. 1975 folgte ein Fernsehfilm.
Es war das erste Mal, dass jemand von einem Kidnapping durch Außerirdische berichtete. Die Ufologen und die Medien waren elektrisiert. In den folgenden Jahren gab es eine Welle von ähnlichen angeblichen Entführungen.
Viele Details aus der Erzählung der Hills tauchten in leicht abgewandelter Form immer wieder auf. Etwa dass die Opfer im UFO untersucht wurden und dass nach ihrer Rückkehr unerklärlicherweise mehrere Stunden Zeit vergangen waren.
Das Rätsel um die Sternenkarte
Später versuchte Betty, die Sternenkarte der Aliens nachzuzeichnen: Zu sehen sind darauf zwölf größere Sterne, die mit Linien verbunden sind sowie drei kleinere, die eine Art Dreieck bilden. Die Karte erschien auch in dem Buch über die Hills. So wurde eine Hobby-Astronomin darauf aufmerksam.
Sie entdeckte, dass die Zeichnung dem weit von der Erde entfernten Doppelsternsystem Zeta Reticuli ähnelte. Aber woher konnte Betty von dieser Sternenkonstellation wissen? Und wenn sie sie erfunden hätte, wäre dann die Ähnlichkeit nicht ein enormer Zufall?
Renommierte Astronomen diskutieren bis heute, ob es sich um Zeta Reticuli handelt, sie sind sich aber nie einig geworden. 2015 meldete sich der Statistiker David Saunders zu Wort: Er ist sicher, dass Betty Hill tatsächlich dieses Sternensystem gezeichnet hat.
Ufologen sind davon schon lange überzeugt, für sie ist Zeta Reticuli die Heimat der sogenannten "Grauen", einer Alien-Art. Das Sternensystem wurde auch in der Popkultur verarbeitet: Es ist der Schauplatz des Geschehens in mehreren Filmen der "Alien"-Reihe.
Beweise für die UFO-Entführung gibt es nicht
Doch was ist wirklich an der UFO-Entführung dran? Ufologen sind sich sicher, dass die Geschichte stimmt, einige wollen sogar Beweise dafür haben. Doch bislang konnte niemand wirklich welche vorlegen. Angeblich sollen diverse Zeugen ebenfalls schnelle, helle Flugobjekte gesehen haben. Auch dafür gibt es keine Belege.
Mehrere Institute untersuchten Betty Hills Kleid mit dem merkwürdigen Pulver, stellten aber nichts Ungewöhnliches fest. Das Militärradar erfasste zur von den Hills genannten Zeit tatsächlich zwei Objekte am Himmel. Dabei soll es sich um Wetterballons gehandelt haben – was die Alien-Gläubigen bestreiten.
Erklärungsversuche: Schlafmangel und emotionaler Stress
Es gab viele andere Erklärungsversuche für das angebliche Kidnapping: Vielleicht sorgte Schlafmangel auf der langen Rückreise für Trugbilder oder optische Täuschungen. Die Hills hätten demnach blinkende Signalleuchten falsch interpretiert, weil sie völlig übermüdet waren.
Manche Kritiker meinten, bei der UFO-Sichtung habe es sich um eine Halluzination gehandelt. So habe das Ehepaar unbewusst Stress verarbeitet. Der Grund: Barney war schwarz, Betty weiß. Anfang der 1960er-Jahre war das in den USA noch eine Seltenheit und stieß auf viele Vorurteile.
Betty bestritt diese Theorie immer, sie seien ein zufriedenes und kein gestresstes Paar gewesen. Andere glaubten, die beiden seien von einer Fernsehsendung über Aliens inspiriert gewesen, die kurz vor den Hypnosesitzungen ausgestrahlt worden war.
Zweifel an der Alien-Erzählung gab es auch, weil die Hills mehrere Jahre lang gewartet hatten, bis sie ihre Entführung enthüllten. Skeptiker glauben, dass sie das nur wegen des Geldes getan hätten: Ein Magazin zahlte offenbar Zehntausende Dollar für die Geschichte.
Lebhafte Phantasien, von Träumen inspiriert
Auch der Psychiater Benjamin Simon glaubte nicht an eine Entführung durch UFOs. Er war sicher, dass es sich bei den beschriebenen Erlebnissen um lebhafte Phantasien handelte, die von Bettys Träumen inspiriert waren.
Weil sie ihrem Ehemann davon erzählte, übernahm er die Details. Barney Hill starb 1969 an einer Hirnblutung. Betty Hill aber blieb bis zu ihrem Tod 2004 bei ihrer Schilderung, dass sie von Außerirdischen entführt worden seien – sie sprach ihr ganzes restliches Leben von dem UFO.
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