"Die Insel des Todes" darf seit 1985 niemand mehr betreten, ausgenommen ein paar Wissenschaftler. Denn auf Queimada Grande vor der Küste von Sao Paulo lebt eine der giftigsten Schlangen der Welt. Die Insel-Lanzenotter kommt sonst nirgendwo auf der Welt vor. Dafür aber auf dem kleinen Eiland tausendfach. Viele Menschen sind ihr angeblich schon zum Opfer gefallen.
Auf der brasilianischen "Schlangeninsel" gibt es schon lange keine Leuchtturmwärter mehr, das Signal im Turm wird automatisch betrieben. Der Grund ist gruselig: Innerhalb kurzer Zeit starben drei Wärter durch Bisse der überaus giftigen Insel-Lanzenotter. Einer wollte gerade Bananen pflücken. Die Retter, die ihn suchen sollten, starben ebenfalls, weil sie den Schlangen begegnet waren. Wen das Tier aus der Familie der Vipern erwischt, der fällt angeblich innerhalb von einer Stunde tot um.
So soll es schon vielen Menschen ergangen sein: Zwei Fischer waren ebenfalls gerade dabei, Bananen zu ernten. Aber sie kehrten nie zu ihrem Boot zurück. Die Frau und die Tochter eines weiteren Leuchtturmwärters wurden von der Insel-Lanzenotter gebissen. Weil es kein Rettungsboot gab, das sie schnell aufs Festland bringen konnte, starben beide. Wie viele Menschen den Tieren tatsächlich zum Opfer fielen, ist nicht bekannt. Angeblich sollen es zahlreiche sein, spekulieren viele im Internet. Kein Wunder, dass der Ort im Volksmund "Insel des Todes" genannt wird.
Das Betreten ist seit 1985 verboten
Unheimlich ist, dass auf dem nur 43 Hektar großen Eiland 3.000 der gefährlichen Schlangen leben. Alle paar Meter soll Tier im Gebüsch lauern. Kaum jemand würde Queimada Grande deshalb freiwillig betreten. Seit 1985 ist das sowieso verboten, die Insel steht unter Naturschutz. Der vor mehr als 100 Jahren errichtete Leuchtturm ist das einzige Gebäude, die Insel ist menschenleer.
Eigentlich sieht die Insel-Lanzenotter im Vergleich zu vielen größeren Schlangen harmlos aus: Sie ist im Durchschnitt 70 Zentimeter lang, aber schlanker als viele Artgenossen. Die hellbraunen Tiere haben drei- und viereckige Flecken auf dem Rücken. Erst 1921 wurde "Bothrops insularis" entdeckt.
Die Schlangenart lebt nur auf dieser Insel
Nirgendwo sonst auf der Welt kommt die Schlangenart vor. Für die Insel-Lanzenotter ist die Insel 33 Kilometer südlich der Küste von Sao Paulo ein Paradies. Die Schlange hat sich perfekt an ihre Umgebung angepasst – und hatte dafür genug Zeit und Raum. Vor 15.000 Jahren trennte sich die Insel vom brasilianischen Festland ab.
Die Insel-Lanzenotter hat keine natürlichen Feinde. Dafür aber genügend Nahrung: Die Tiere fressen vor allem Vögel. Sie hausen in den Bäumen im dichten Buschwald der Insel und verlassen diese manchmal monatelang nicht. Dort warten sie geduldig, bis sich ein Vogel auf einem Ast niederlässt. Dann beißen sie zu. Mit ihrem Gift machen sie die Beute innerhalb von Sekundenbruchteilen flugunfähig. Mäuse sterben zwei Sekunden nach einem Biss.
Um die giftigen Tiere ranken sich einige Legenden. Eine dreht sich darum, wie die Insel-Lanzenotter auf den abgelegenen Flecken Erde gelangte: Piraten setzten angeblich die ersten Exemplare in der Gegend aus. Die gefährlichen Tiere sollten einen vergrabenen Goldschatz schützen.
Immer ist ein Arzt dabei
Heute betreten nur Angehörige der Marine und Wissenschaftler die Insel. Allerdings niemals allein. Weil die Schlange so giftig ist, muss immer ein Arzt dabei sein, der im Notfall ein Gegengift spritzen kann. Aber auch das ist keine Garantie für eine Rettung. Einmal pro Jahr müssen Soldaten den Leuchtturm warten. Sie begrenzen ihren Aufenthalt auf der "Insel des Todes" auf ein Minimum.
Die Wissenschaftler finden die Tiere umso spannender. Einer Theorie zufolge könnte die Schlange nicht nur hochgiftig sein, sondern überraschenderweise Leben retten. Denn ihr Gift könnte bei bestimmten Herzkrankheiten lindernd wirken. Weil die Schlangen so selten sind, gilt dieses Gift als extrem wertvoll. Wilderer machen Jagd auf die Tiere, ein Exemplar bringt auf dem Schwarzmarkt zwischen 10.000 und 30.000 Dollar.
Warum die Schlange vom Aussterben bedroht ist
Nicht nur deshalb ist die Insel-Lanzenotter mittlerweile vom Aussterben bedroht. Die Art hat einen sehr kleinen Genpool, weil sie auf eng begrenztem Raum lebt. Durch Inzucht entstanden viele Zwitter, die sich nicht fortpflanzen können. Zudem gibt es inzwischen kaum noch Weibchen. Die Zahl der Tiere geht deshalb kontinuierlich zurück.
Das relativiert manche angeblichen Fakten, die im Internet kursieren. So soll auf der Insel auf einem Quadratmeter mindestens eine der tödlichen Schlangen lauern, heißt es da. Das wäre tatsächlich schauerlich – ist aber bei der Größe des Eilands maßlos übertrieben.
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