Aus ferner Zukunft wollen angeblich Zeitreisende zu uns gekommen sein. Der Menschheit prophezeien sie via YouTube, in Blogs oder bei Kongressen meist schreckliche Ereignisse, die sie mit eigenen Augen gesehen haben wollen. Aber sind Zeitreisen physikalisch überhaupt möglich?
Ein Besuch bei der englischen Königin Viktoria im 19. Jahrhundert, eine Stippvisite zum letzten Tag, bevor das Universum untergeht: Für Doctor Who ist das alles kein Problem. Der Zeitreisende aus der gleichnamigen britischen Kult-Fernsehserie ist zwischen Vergangenheit und Zukunft unterwegs. So wie angeblich auch einige Menschen im echten Leben. Jedenfalls behaupten sie das in YouTube-Videos oder Blogs. Fast immer haben sie furchtbare Prophezeiungen im Gepäck.
Der Zeitreisende aus dem Jahr 6491
Einer davon ist James Oliver, der sich im Jahr 6491 auf Zeitreise in unsere Gegenwart begeben haben will, von einem nicht näher benannten Planeten in einer entfernten Galaxie aus. Seine Aufgabe sei es, unterschiedliche Kulturen und Zeitalter zu untersuchen, erklärte er in einem Interview mit dem YouTube-Kanal "Apex TV".
Der Mann hat aber nach eigener Aussage ein Problem: Der Supermond Ende Januar habe ein Software-Update seines Raumschiffs unterbrochen und das Betriebssystem zerstört, und nun stecke er auf der Erde fest.
Auf unseren Planeten kommen laut Oliver düstere Zeiten zu: Irgendwann in den nächsten 200 Jahren werde der Vulkan im Yellowstone-Nationalpark in den USA ausbrechen. Die Folgen seien verheerend: Fünf Jahre lang würden die Vereinigten Staaten von Asche bedeckt sein. Der Flugverkehr müsse eingestellt werden. Er rät deshalb allen Amerikanern, sofort zum nächstgelegenen Airport zu fahren und das Land zu verlassen, wenn der Ausbruch beginnt.
Oliver hat noch eine weitere, ziemlich merkwürdige Vorhersage: Das Computerspiel "Assassin’s Creed" werde Realität. In dem Game versuchen die sogenannten Assassinen in einem blutigen Krieg Verschwörungen des Templerordens zu verhindern.
Sind Zeitreisen schon seit Jahren möglich?
Bei Noah ist von diesen Ereignissen keine Rede. Der Mann ohne Nachnamen will ebenfalls ein Zeitreisender sein, aus den USA des Jahres 2030. Er wolle die Menschheit vor der Zukunft warnen, sagte er in einem Video des YouTube-Kanals "Paranormal Elite". Zwei seiner Vorhersagen: 2021 werde Donald Trump als US-Präsident wiedergewählt. 2028 folgt ihm jemand mit dem Namen Ilana Remikee im Amt.
Noahs weitere Vorhersagen klingen nicht besonders überraschend: Künstliche Intelligenz und die Kryptowährung Bitcoin spielen demnach in unserem Alltag eine wichtigere Rolle, und selbstfahrende Autos werden immer schneller. Nebenbei bringt er noch Verschwörungstheorien ins Spiel: Zeitreisen seien schon seit dem Jahr 2003 möglich, allerdings nur für geheime Organisationen.
Die Zeitreisenden bleiben anonym
Sowohl Noah als auch James Oliver treten in den Videos vermummt auf und wollen ihre wahre Identität nicht bekannt geben. Das sei zu gefährlich, behaupten sie – warum genau, verraten sie nicht. Beweise für ihre Behauptungen haben sie nicht. Bei einem Lügendetektortest soll angeblich herausgekommen sein, dass Noah die Wahrheit sagt. Zu sehen ist der Test allerdings nicht.
Die beiden sind längst nicht die einzigen, die in der Zeit gereist sein wollen: Vor allem "Paranormal Elite" hat sich auf angebliche Augenzeugenberichte spezialisiert. Auf dem Kanal finden sich Dutzende Videos über Menschen, die nach eigener Auskunft in Vergangenheit oder Zukunft unterwegs waren.
Die angeblichen Zeitreisen von Al Bielek
Einer der unermüdlichsten Zeitreisenden ist der Amerikaner Al Bielek – wenn man ihm glaubt. Er trat schon in den 1990er-Jahren bei UFO-Kongressen auf. Dort erzählte er von seinen Erlebnissen unter anderem 100.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung und im Jahr 2749.
Bielek will nach eigenen Aussageb auch am umstrittenen Philadelphia-Experiment teilgenommen haben: Verschwörungstheoretiker sind sicher, dass die US-Navy in den 1950er-Jahren ein ganzes Schiff teleportieren konnte.
Bielek hat ebenfalls eine eigene Version der Geschichte, was in der Zukunft angeblich passieren wird: Es gebe eine neue Weltordnung ohne Ländergrenzen und Regierungen. Stattdessen regierten Militärs die übriggebliebenen 300 Millionen Menschen.
Viele würden nach einer Klimakatastrophe sterben. Auch der Dritte Weltkrieg werde viele Opfer fordern. Den datierte Bielek allerdings in den 1990er-Jahren auf die Jahre 2003 bis 2004.
Dass diese Vorhersage offensichtlich falsch ist, stört seine Anhänger nicht: Sie gehen davon aus, dass es diverse "alternative Zeitlinien" gibt. Was der Zeitreisende beschreibt, ist demnach nur eine von vielen gleichzeitig existierenden Zukunfts-Szenarien, heißt es etwa im Blog "Matrixblogger".
Zeitreisen finden täglich statt
Seit Albert Einstein 1905 seine spezielle Relativitätstheorie aufstellte, ist klar, dass Zeitreisen theoretisch möglich sind. Aber wie sieht es praktisch aus? Diverse Experimente haben bewiesen, dass Menschen in der Zeit reisen könnten – allerdings nur Bruchteile von Sekunden. Schon 1971 stellten zwei Forscher laut F.A.Z. fest, dass sie an Bord eines Flugzeugs minimal in die Zukunft gereist waren: Die präzisen Atomuhren, die sie auf ihrer Reise um die Welt dabei hatten, gingen langsamer als die auf der Erde.
Der Münchner Astrophysiker Andreas Müller sagt sogar, dass Zeitreisen täglich stattfinden, ohne dass Menschen es merken. Der Grund: Im Tal vergehe die Zeit langsamer als auf einer Bergspitze, weil der Abstand zur Erdmasse geringer sei, sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Dabei handelt es sich allerdings nur um Bruchteile von Sekunden.
Um gezielt in die Zukunft zu reisen, braucht man laut Müller nur die passende Geschwindigkeit: eine Milliarde Kilometer pro Stunde, also Lichtgeschwindigkeit. Die konnten Menschen aber bisher noch nicht erzeugen: Das schnellste beschleunigte Objekt war eine Raumsonde mit 200.000 Kilometern pro Stunde.
Reisen in die Vergangenheit?
Reisen in die Vergangenheit sind dagegen laut Müller schwieriger: Dazu bräuchte man zusätzlich ein Wurmloch, das zwei Zeiten miteinander verbinden könnten. Wissenschaftler bezweifeln allerdings, dass Wurmlöcher stabil genug für solche Reisen wären.
Und falls doch, gäbe es ein gravierendes Problem: Der Urlauber in der Zeit würde die Kausalität verletzen, also womöglich etwas tun, was die Zukunft verändert. Das sogenannte Großvaterparadoxon erklärt das anschaulich: Jemand könnte dann in der Vergangenheit seinen Opa töten, würde dann aber selbst nie geboren werden. Die spätere Zeitreise würde damit allerdings ebenfalls unmöglich werden – ein Paradox.
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