So viel Kunststoff-Materialien in Deutschland auch verbraucht werden - in der Umwelt landet davon recht wenig. In Ländern wie Indien sieht das anders aus. Und eine Art, den Müll loszuwerden, birgt große Gesundheitsrisiken.

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Mehr als 52 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle sind im Jahr 2020 weltweit in die Umwelt gelangt. Das geht aus einer Bestandsaufnahme britischer Forscher hervor. Der größte Teil stammt demnach aus Gebieten, in denen der Müll nicht oder nicht regelmäßig gesammelt wird.

Indien allein ein Fünftel

Indien ist die Ursprungsregion von fast einem Fünftel der globalen Summe, gefolgt von Nigeria, Indonesien, China und Pakistan. Mit Hilfe von Computermodellen kalkulierten die Wissenschaftler auch, dass mehr als die Hälfte des Abfalls (57 Prozent Massenanteil) in offenen, ungefilterten Feuern verbrannt wird.

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"Plastikverschmutzung ist eine globale Herausforderung, die aufgrund ihrer Umweltbeständigkeit und ihrer negativen Auswirkungen auf Ökosysteme, Infrastruktur, Gesellschaft und Wirtschaft sofortiges Handeln erfordert", erklärt das Team um Costas Velis von der Universität Leeds im Fachjournal "Nature".

Ein Großteil des Kunststoffs, der in die Umwelt gelangt, könne nicht oder nur sehr langsam biologisch abgebaut werden. Stattdessen zerfallen größere Plastikstücke durch Verwitterung zu Mikroplastik, das seinerseits Natur und Umwelt schädigt.

Daten für 50.000 Städte

Untersuchungen zu Ursachen und Umfang der Verschmutzung gab es auch schon zuvor, bisher aber weitgehend auf Länderebene. Velis und Kollegen befassten sich mit niedrigeren Verwaltungseinheiten: Sie sammelten verschiedenste Daten - etwa zu Stoffströmen, Müllabfuhr und Abfallbehandlung - für mehr als 50.000 Städte weltweit und schlossen Datenlücken mittels maschinellem Lernen.

Mit den Daten fütterten sie ein globales Modell, das dann Zahlen zu den meisten Staaten der Welt lieferte. Erstmals berücksichtigten die Forscher dabei auch den Kunststoffabfall, der offen verbrannt wird, sowohl auf Deponien als auch an anderen Stellen.

Nicht mehr zu sehen, aber nicht weg

"Das Anzünden der Kunststoffe mag zwar so aussehen, als ob sie ,verschwinden'", erklärte Velis. Tatsächlich aber könnten schwere Gesundheitsschäden die Folge sein, darunter Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen. Die gesamte Umwelt werde mit schädlichen Substanzen belastet.

Die Forscher verließen sich nicht allein auf staatliche Daten. So besagen offizielle Zahlen, dass Indien eine Müllabfuhr-Abdeckung von 95 Prozent hat. Das Team um Velis fand jedoch Belege dafür, dass die offiziellen Statistiken ländliche Gebiete sowie offenes Verbrennen von nicht abgeholtem Müll oder anderweitig gesammeltem Müll nicht berücksichtigen.

Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass allein in Indien der Abfall von etwa 255 Millionen Menschen nicht von einer Müllabfuhr geholt wird. Im Ergebnis ergab das Modell, dass in Indien 9,3 Millionen Tonnen Plastikmüll im Jahr 2020 in die Umwelt gelangt sind.

Verschärfung in Afrika

Mit 3,5 Millionen Tonnen Kunststoffabfall ist mit Nigeria ein afrikanischer Staat der zweitgrößte Plastikemittent. Weil für Afrika in den kommenden Jahrzehnten mit einem starken Bevölkerungswachstum gerechnet wird, befürchten Velis und Kollegen eine Verschärfung der Situation, falls nicht gehandelt wird.

Obwohl in Staaten mit hohem Einkommen, vor allem in Europa und Nordamerika, sehr viel Plastik verwendet wird, gelangt verhältnismäßig wenig davon in die Umwelt, weil üblicherweise eine Müllabfuhr-Abdeckung von nahezu 100 Prozent besteht. Das achtlose Wegwerfen von Plastikmüll ist hier die häufigste Ursache für Kunststoff, der in die Umwelt gelangt. Allerdings gilt Deutschland seit langem als der größte Exporteur von Plastikmüll in der Europäischen Union, auch wenn die Menge in den vergangenen Jahren gesunken ist. (Stefan Parsch, dpa/bearbeitet von af)

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