- Der Elefantenrüssel ist ein echtes Allroundtalent.
- Doch was macht den Rüssel gleichzeitig so stark und so beweglich?
Es sind nicht nur die Muskeln, die einem Elefantenrüssel seine erstaunliche Beweglichkeit verleihen, auch die gefaltete Rüsselhaut spielt dabei eine wichtige Rolle. Das ist das Ergebnis einer US-amerikanischen Studie, über die im Fachmagazin "PNAS" berichtet wird.
Erst die Kombination aus Muskeln und Haut erlaube den Dickhäutern, sowohl filigranes Gras zu greifen als auch schwere Baumstämme aus dem Weg zu räumen. Die Forscher hoffen, durch ihre Erkenntnisse die Robotertechnik zu verbessern, die heute in der Regel entweder auf große Stärke oder auf Flexibilität ausgelegt sei.
Der Rüssel als Multifunktionswerkzeug
Der Rüssel ist nicht nur eines der auffälligsten Merkmale von Elefanten, sondern auch ein ausgefeiltes Multifunktionswerkzeug, mit dem die Tiere riechen, essen, trinken und kommunizieren. Zudem kommt das bis zu anderthalb Meter lange und bis zu 130 Kilogramm schwere Organ im Kampf und bei der Fortpflanzung zum Einsatz. Rund 40.000 quer und längs verlaufende Muskeln verleihen dem Rüssel gleichzeitig Stärke sowie eine vielfältige Beweglichkeit, obwohl ihm Knochen und damit auch Gelenke fehlen.
Erst im vergangenen Jahr berichteten Wissenschaftler des Georgia Institute of Technology darüber hinaus, dass Elefanten die Saugfunktion des Rüssels präzise steuern können. Das gleiche Team hat nun die Haut von Elefantenrüsseln genauer unter die Lupe genommen: Für ihre neue Studie filmten die Forscher, wie zwei Afrikanische Elefanten (Loxodonta africana) im Zoo von Atlanta nach Kleiewürfeln und Äpfeln griffen.
Elefantenrüssel vs. menschliche Zunge
"Wenn Menschen ihre Zunge - ein muskulöses, knochenloses Gewebe, das ähnlich aufgebaut ist wie ein Elefantenrüssel - herausstrecken, dehnt sie sich gleichmäßig", erläutert Hauptautor Andrew Schulz in einer Mitteilung. Das Team habe erwartet, dass sich Elefantenrüssel vergleichbar verhielten: "Aber als wir uns die Aufnahmen unserer Hochgeschwindigkeitskamera ansahen und die Bewegungen der Rüssel aufzeichneten, waren wir überrascht." Denn tatsächlich dehnte sich die Haut auf deren Oberseite und hier insbesondere nahe der Rüsselspitze anders als auf der Unterseite.
Um diese unterschiedliche Elastizität besser zu verstehen, dehnte Schulz das Gewebe eines sezierten Elefanten und stellte dabei fest, dass die faltige Haut auf der Oberseite des Rüssels 15 Prozent flexibler ist als die der faltigen Unterseite. Die asymmetrische Dehnung sei wahrscheinlich zum Teil auf Unterschiede in den Faltenmustern der Haut zurückzuführen, wobei sich die Asymmetrie zeige, sobald der Rüssel um mehr als zehn Prozent gestreckt werde. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Steifigkeit der Elefantenhaut auch den Streckmechanismus des Rüssels beeinflusse.
"Flexible Hautfalten sind die Innovation des Elefanten", kommentiert Mitautor David Hu. Sie würden es den Tieren erleichtern, nach unten zu greifen, wie es beim Aufnehmen von Nahrung oder Gegenständen am häufigsten geschehe. Die Studie ergab außerdem, dass Elefanten ihren Rüssel teleskopartig ausdehnen - ähnlich wie der Griff eines Regenschirms ausgezogen wird. Bei weiblichen und männlichen Tieren könne sich der Rüssel um 20 beziehungsweise 13 Prozent verlängern.
Studienautor: "Elefanten sind wie Menschen: Sie sind faul"
Den Bewegungsablauf beschreiben die Wissenschaftler wie folgt: Zuerst strecke ein Elefant den Bereich aus, der die Rüsselspitze umfasse, dann den angrenzenden Abschnitt und so weiter, wobei er sich allmählich zu seinem Körper zurückarbeite. Laut Schulz ist diese fortschreitende Bewegung Richtung Rüsselbasis beabsichtigt: "Elefanten sind wie Menschen: Sie sind faul." Der Abschnitt am Ende des Rüssels bestehe aus einem Liter Muskelmasse, während der dem Maul nächste Bereich 11 bis 15 Liter Muskeln umfasse. Entsprechend kostet die Bewegung der Rüsselspitze weniger Energie.
"Ein Elefant streckt zuerst das Ende seines Rüssels, dann den angrenzenden Abschnitt, weil er sich leichter bewegen lässt", erklärt Schulz. "Wenn ein Elefant sich nicht sehr stark anstrengen muss, um etwas zu erreichen, wird er es auch nicht tun." Der Hauptautor glaubt, dass ein besseres Verständnis der Tiere zu besseren Schutzmaßnahmen führen könnte, sieht als Maschinenbauingenieur aber auch Anwendungsmöglichkeiten der Studienergebnisse in der Robotik.
Konkret verweist Schulz auf die Soft-Robotik, also Roboter aus nachgiebigen Materialien, deren Design biologisch inspiriert ist. Würden diese mit einer hautähnlichen Struktur umhüllt, könnte das den Maschinen Schutz und Festigkeit verleihen, während sie weiterhin flexibel blieben. Schulz fasst zusammen: "Letztes Jahr haben wir gelernt, dass ein Rüssel ein vielseitiger, muskulöser Hydrostat ist. Jetzt wissen wir, dass die Haut ein weiteres Werkzeug ist, das ihm zur Verfügung steht." (dpa/idi)
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