Schönes Wetter, Feiertag, wie wär's mit einem Ausflug in den Zoo? Viele Familien besuchen gerne Tierparks, kommt man wilden Tieren dort doch so nah wie sonst selten. Zoos werben mit den Themen Artenschutz und Bildung für ihre Parks – doch von Tierschützern hagelt es Kritik. Sind Zoos nur zu unserer Unterhaltung da?

Eine Analyse
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Einem Löwen, Eisbären oder Panda einmal ganz nahe kommen: Das ist in vielen Zoos möglich und zieht Menschen aus nah und fern in die Parks, in denen Tiere in Gehegen leben und nur durch eine Glasscheibe, Mauer oder Graben von den Besuchern getrennt sind. Für viele Familien ist das ein aufregendes Erlebnis und ein beliebter Tagesausflug.

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Doch wie geht es eigentlich den Tieren in den Zoos? Ist Artenschutz durch Tierparks möglich? Oder sollten die Einrichtungen, wie von vielen Tierschützern gefordert, lieber geschlossen werden?

Moderne Zoos

  • Moderne Zoos haben laut dem Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) ein Selbstverständnis, das auf vier Säulen beruht: Erholung, Bildung, Forschung und Naturschutz.
  • Zum Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) gehören 70 Zoos in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Spanien. Allein in Deutschland soll es jedoch um die 800 Tierparks geben – die genaue Anzahl ist nicht bekannt. In der Obhut der VdZ-Zoos leben rund 200.000 Wirbeltiere.

Wie leben Tiere in Zoos und wie geht es ihnen dort?

Wie Astrid Falter, Leiterin Kommunikation beim Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ), unserer Redaktion erklärt, gehört zur modernen Tierhaltung "neben einer angemessenen Pflege und einer guten tierärztlichen Versorgung unter anderem eine abwechslungsreiche Gestaltung von naturnahen Gehegen, die dem Lebensraum der Tiere zum Teil nachempfunden wird". Da Zooanlagen reizärmer als der natürliche Lebensraum seien, sei die psychische und physische Beschäftigung der Tiere ein wichtiges Element.

"Die Zeit, die Tiere in der Wildnis für die Nahrungssuche, auf der Flucht vor Fressfeinden oder für die Partnersuche aufbringen würden, muss für Zootiere durch andere Anregungen ersetzt werden", sagt Falter. Für Großkatzen würden beispielsweise Duftspuren im Gehege gelegt, für Bären Obst und Fische in einer Eisbombe versteckt. So wie das Tier in der Wildnis müsse sich auch das Zootier anstrengen, um an sein Futter zu gelangen. "Es wird animiert, sein artgemäßes Verhalten auszuleben."

Die Tierschutzorganisation Peta hingegen fordert ein grundsätzliches Ende der Tierhaltung in Zoos. "Denn Tiere sind nicht zu unserer Unterhaltung da", sagt Biologin Yvonne Würz, Fachreferentin für Tiere in Zoo und Zirkus bei Peta Deutschland, unserer Redaktion. "Zoos sind auch heute noch im Wesentlichen Gefängnisse für Tiere. Selbst 'verbesserte' Haltungsbedingungen wie zum Beispiel Gehegeerweiterungen können den Ansprüchen der Tiere nicht gerecht werden und zielen vor allem auch darauf ab, dem Zoopublikum ein besseres Erlebnis zu bieten." Das Leben der Tiere sei jedoch weiterhin bestimmt von Enge, Eintönigkeit und Zwang: "Über die Zeit im Außengehege, Sozialpartner oder Essenszeiten entscheidet der Zoo."

Tierschützer appellieren: Zoobesuch unterlassen

"Unser Appell gilt der Öffentlichkeit, das Tierleid keinesfalls durch einen Zoobesuch zu unterstützen", betont Yvonne Würz. "Es gibt zahlreiche Alternativen, Tiere zu beobachten und über sie zu lernen, ohne sie in Zoo-Gefangenschaft anzuschauen. Dazu gehören der Besuch von seriösen Auffangstationen oder Lebenshöfen, das Beobachten von freilebenden Wildtieren in der heimischen Natur, in Naturschutzgebieten oder auf Reisen oder auch Dokumentarfilme über die Tierwelt."

Auch Verhaltensforscher Volker Sommer, Professor für Evolutionäre Anthropologie am University College in London, mahnt im "Frankfurter Rundschau Magazin": Naturdokumentationen produzieren "mehr Gänsehaut und bilde[n] besser, als wenn ich sehe, wie sich das Flusspferd im Minibecken mal wieder auf die andere Seite wälzt".

Was ist der Unterschied zwischen Zoo, Tierpark und Tiergarten?

  • Meist werden die Begriffe synonym verwendet. Ein Zoo ist laut dem Zoo Rostock ein großes, oft parkähnliches Gelände, auf dem eine größere Anzahl an Tieren gehalten wird und das öffentlich zugänglich ist. Das Wort ist eine Kurzform für zoologischer Garten. Ein Tierpark zeichnet sich meist durch ein besonders großflächiges Gelände aus.
  • In Paragraf 42 des deutschen Bundesnaturschutzgesetzes heißt es: "Zoos sind dauerhafte Einrichtungen, in denen lebende Tiere wild lebender Arten zwecks Zurschaustellung während eines Zeitraumes von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden."

Artenschutz durch Zuchtprogramme in Zoos?

Mehr als eine Million Tierarten könnten laut Experten in den kommenden Jahrzehnten aussterben. Der Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten auf der ganzen Welt ist bedroht. Darin sind sich die Befürworter von Zoos und Tieraktivisten einig. Doch wie auf dieses Problem reagiert werden sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Astrid Falter vom VdZ betont, dass die Entwicklung in den Lebensräumen der Tiere es umso wichtiger mache, Tier-Populationen in Zoos in Zuchtprogrammen für den Natur- und Artenschutz zu halten. "Immer mehr Tierarten werden zu Verantwortungsarten der Zoos, weil sie in ihren Habitaten nicht mehr ausreichend geschützt werden können", sagt sie.

"Zoos beteiligen sich an Zuchtprogrammen für gefährdete Arten, um die genetische Vielfalt zu erhalten und Populationen für die Wiederansiedlung in freier Wildbahn aufzubauen", erklärt Falter weiter. "Durch die Zusammenarbeit mit anderen Zoos und Fachleuten tragen sie zur langfristigen Überlebensfähigkeit bedrohter Arten bei." Eine wichtige Grundlage hierfür seien die Europäischen Erhaltungszuchtprogramme (EEPs) – derzeit gebe es diese für mehr als 450 Tierarten.

"Für moderne Zoos steht der Erhalt der Arten in der Wildnis an erster Stelle", sagt Astrid Falter. Im Jahr 2022 hätten Zoos des VdZ über 550 Wirbeltiere aus 18 Arten in die Wildnis entlassen, darunter Europäische Wisente und Alpensteinböcke.

Peta: Beitrag von Zoos zum Artenschutz "verschwindend gering"

Die Tierschutzorganisation Peta wirft den Zoos jedoch vor, dass "der vermeintliche 'Beitrag' von Zoos zum Artenschutz verschwindend gering" sei. Yvonne Würz sagt: Die meisten in Zoos gehaltenen Tiere "sind weder gefährdet noch werden sie auf eine etwaige Auswilderung vorbereitet". "Schätzungen zufolge wurden lediglich etwa 50 Tierarten unter Beteiligung von Zoos 'erhalten'", so Würz weiter. "Dem gegenüber stehen jedoch schätzungsweise 150 Tier- und Pflanzenarten, die Tag für Tag aussterben. Auch die Zuchtprogramme dienen in erster Linie dem Erhalt der Zoopopulation und nicht dem Artenschutz."

"Zoos können niemals den natürlichen Lebensraum eines Tieres vollständig nachbilden, und das Leid, das mit der Gefangenschaft einhergeht, sollte nicht als akzeptable Alternative zum Schutz der Artenvielfalt betrachtet werden", so die Biologin. "Selbst bei bedrohten Tierarten finden nur in den seltensten Fällen tatsächlich Auswilderungen aus Zoos statt. Betrachtet man zudem den sehr hohen Kosten- und Personalaufwand dieser wenigen Auswilderungsprojekte oder den vorangegangenen riesigen Aufwand der 'Lagerung' im Zoo, so kann man keineswegs von Effektivität, sondern vielmehr von einer riesigen Verschwendung sprechen."

Ähnlich äußert sich auch Verhaltensforscher Volker Sommer im "Frankfurter Rundschau Magazin": "Hunderttausende Tier- und Pflanzenformen sind dabei, für immer vom Planeten zu verschwinden. Welchen Unterschied macht es, wenn Zoos den lieben Gott mimen und ein paar Spezies auswählen, damit die als eingekerkerte Einzelexemplare weiterexistieren? (…) Das Vorhandensein von Zoos ändert nichts am Artensterben."

Populationen als Reserve?

Doch warum gibt es in Zoos überhaupt Tierarten, die gar nicht vom Aussterben bedroht sind? Laut Astrid Falter vom VdZ liegt die Quote der bedrohten Tierarten in der Wildnis bei etwa 30 Prozent – so ist es in etwa auch bei den im Zoo gehaltenen Arten. "Je rasanter jedoch die Zahl der bedrohten Arten in der Wildnis zunimmt, desto stärker wird sich diese Zahl verschieben", sagt sie. Es sei daher für die Zoos wichtig, "auch stabile Populationen aktuell nicht bedrohter Arten aufzubauen – falls sich ihr Gefährdungsstatus in Zukunft ändert".

Darüber hinaus streben Zoos laut Falter danach, "eine breite Vielfalt an Tierarten zu präsentieren, um ein umfassendes Verständnis für die Natur und ihre Komplexität zu fördern". Stichwort: Bildung und Forschung. Zwar reiche ein einzelner Zoobesuch wohl nicht aus, um das Engagement für den Naturschutz zu fördern. "Dennoch kann ein Zoobesuch wichtige Anstöße liefern, und dafür ist die Vielfalt der Tierwelt eine wichtige Grundlage."

Artenschutz besser nur in freier Wildbahn?

Die Ursachen für das Artensterben sind vor allem menschengemacht – auch darin sind sich Falter und Würz einig. Menschen zerstören den natürlichen Lebensraum von Tieren etwa durch Überfischung, Verschmutzung und durch den Klimawandel.

Astrid Falter betont, dass der VdZ "beträchtliche Mittel in Artenschutzprojekte weltweit" investiert. 2023 etwa seien über elf Millionen Euro für mindestens 155 Projekte in fast 60 Ländern bereitgestellt worden. Schaut man sich beispielhaft die Kosten für eine Tieranlage in einem großen Zoo an, scheint diese Summe jedoch eher gering: Der Münchner Tierpark Hellabrunn etwa, der zu den VdZ-Zoos gehört, hat 2022 eine neue Löwenanlage eröffnet. Kostenpunkt laut einer Mitteilung: 4,3 Millionen Euro.

Tierschutzorganisationen wie Peta fordern eine Fokussierung auf den Natur- und Artenschutz in der Wildnis. "Zu den Hauptursachen des Artensterbens gehören der Verlust des natürlichen Lebensraums sowie Konflikte mit Menschen oder Wilderei. Der Schlüssel zu erfolgreichem Arterhalt liegt in der Bewältigung dieser Ursachen, nicht in der Zucht und Haltung der Tiere in Käfigen und Gehegen", sagt Yvonne Würz.

Die wildlebende Population der Großen Pandas habe sich etwa nicht durch vereinzelte Auswilderung erholt, sondern durch Maßnahmen zum Habitatschutz. "Weitaus effizienter ist daher Artenschutz, der im natürlichen Lebensraum der Tiere stattfindet und Umweltzerstörung oder Wilderei verhindert. Wenn im Freiland ausgestorbene Tierarten nur noch in Gefangenschaft existieren können, sollte dies nicht als akzeptable Lösung betrachtet werden, sondern als Warnsignal für das Versagen des Artenschutzes im natürlichen Lebensraum."

Jede und jeder Einzelne könne zum Artenschutz beitragen, "indem wir uns den Zusammenhängen bewusst werden", so Würz. So sollte man etwa auf eine pflanzliche Ernährung umsteigen und mit gutem Beispiel vorangehen. "Denn die Tierwirtschaft und ihre Auswirkungen befeuern das Artensterben enorm."

Lösung klingt einfach – doch Artenschutz-Finanzierung ist ein Dilemma

Doch die vorgeschlagene Lösung, mehr Geld in den Artenschutz in der Wildnis anstatt in Zooanlagen zu stecken, klingt einfacher, als sie ist. Dafür muss man einen Blick auf die Wirtschaftsform der zoologischen Einrichtungen im deutschsprachigen Raum werfen: Wie Astrid Falter vom VdZ erklärt, steht der wirtschaftliche Profit im Hintergrund.

"Häufig sind es die Städte, die die Zoos betreiben. Viele Einrichtungen sind gemeinnützige Betriebe, die nicht wirtschaftlich profitabel arbeiten (dürfen)", sagt Falter. "Neben den Kosten für Personal oder Futtermittel wird ein Großteil in die bauliche Weiterentwicklung der Zoos investiert. Dabei steht die Optimierung der Tierhaltung nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen im Mittelpunkt. Mit dem Betrieb vor Ort erfüllen die Zoos ihre wichtige Kernaufgabe." Auch Yvonne Würz von Peta sagt, dass viele städtische Zoos "hochdefizitär und abhängig von Zuschüssen in Millionenhöhe" seien.

"Durch die Schließung von Zoos könnten Investitionen in anderen kommunalen Bereichen getätigt werden, etwa bei sanierungsbedürftigen Schulen", meint Würz. "Um das Dilemma der Artenschutz-Finanzierung aufzulösen, müssten Prioritäten neu gesetzt und umfassende politische Maßnahmen ergriffen werden, bestenfalls auf bundesweiter und internationaler Ebene, etwa durch die Entwicklung von Artenschutzfonds beziehungsweise internationaler Abkommen zur Finanzierung von Naturschutzprojekten."

Ein Ansatz, der wohl in weiter Ferne liegt. Der VdZ erklärt auf seiner Webseite: "Die Annahme, deutsche Städte würden Budgets, die für Strukturaufbau oder Standortfaktoren wie Bildung gedacht sind, plötzlich für Artenschutzprojekte in der Wildnis im Ausland ausgeben können, [ist] realitätsfremd. Es ist zum einen weder Aufgabe der Kommunen noch in ihrem Interesse, zum anderen verhindern gesetzliche Schranken dies."

Über die Gesprächspartner

  • Astrid Falter ist Leiterin Kommunikation beim Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ). Der VdZ ist nach eigenen Angaben die führende Vereinigung wissenschaftlich geleiteter Zoologischer Gärten mit Wirkungsschwerpunkt im deutschsprachigen Raum.
  • Dr. Yvonne Würz ist Biologin und Fachreferentin für Tiere in Zoo und Zirkus bei Peta Deutschland. Die Tierschutzorganisation setzt sich für die Rechte von Tieren ein. In Deutschland wurde Peta 1993 gegründet.

Verwendete Quellen:

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

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