Nach jahrelangem Hin und Her hat Deutschland die Regeln fürs Düngen auf den Feldern im Frühjahr verschärft. Warum das sein musste, zeigt ein neuer Bericht zu Nitratwerten. Nun sieht die Bundesregierung sich auf Kurs - dabei sind noch nicht alle Fragen geklärt. Denn das Grundwasser in landwirtschaftlichen Regionen ist weiterhin stark belastet.
Das deutsche Grundwasser ist vor allem in landwirtschaftlichen Regionen weiterhin zu stark mit Nitrat belastet. Die Bundesregierung ist aber zuversichtlich, dass die kürzlich verschärften Regeln fürs Düngen das Problem in den kommenden Jahren lösen werden.
An mehr als jeder vierten Grundwasser-Messstelle in Agrarregionen wird der EU-Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter dem neuen Nitratbericht zufolge weiterhin überschritten. Der Anteil sank im Vergleich zum vorigen Bericht aus dem Jahr 2016 nur leicht von 28,2 auf 26,7 Prozent. Vor allem an Messstellen mit starker Belastung gab es demnach aber Verbesserungen.
Deutschland hatte im Frühjahr Düngerecht auf Druck der EU verschärft
Auf Druck der EU und nach langem Streit zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium hatte Deutschland das Düngerecht im Frühjahr verschärft. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth sagte am Donnerstag, er sei zuversichtlich, dass man damit nun "auf Kurs" sei und die Grenzwerte künftig einhalten werde.
Es dauere aber teils lange, bis Änderungen auf den Feldern auch an den Werten im Grundwasser ablesbar seien. Auch Agrar-Staatssekretärin Beate Kasch betonte, dass es sich bei dem Bericht um einen Rückblick handele. Er basiert auf Daten aus den Jahren 2016 bis 2018.
Alle vier Jahre müssen die EU-Staaten Daten zur Nitratbelastung ihres Grund- und Oberflächenwassers liefern. Deutschland hat seit Jahren Ärger, weil die Werte zu hoch sind. Ohne die im Frühjahr beschlossenen, schärferen Düngeregeln hätten Strafzahlungen an Brüssel von bis zu 850.000 Euro am Tag gedroht.
Aus Dünger wie etwa Gülle gelangt Nitrat in den Boden, das gut fürs Pflanzenwachstum ist. Zu viel davon kann die Natur aus dem Gleichgewicht bringen. Zudem können aus Nitrat gesundheitsgefährdende Nitrite entstehen.
Experten stellen "leichte Abnahme" der Nitratgehalte fest
Im Vergleich zum vorherigen Bericht stellten die Experten eine "leichte Abnahme" der Nitratgehalte im landwirtschaftlich beeinflussten Grundwasser fest.
Während von den 692 Messstellen im Agrarbereich 26,7 Prozent zu hohe Werte aufweisen, sind in Wald- und Siedlungsgebieten nur 4,8 Prozent der 523 Messstellen betroffen. Als "Hotspots" nannte Falk Hilliges vom Umweltbundesamt das nordwestdeutsche Tiefland, wo viel Vieh gehalten werde, das mitteldeutsche Trockengebiet sowie das Rhein-Main-Gebiet, wo wegen des Gemüseanbaus viel Dünger benötigt werde.
Der Bauernverband hatte schon vergangene Woche die Ergebnisse als tendenziell positiv bewertet, weil die Werte gesunken waren. Es müsse aber hinterfragt werden, "inwieweit die landwirtschaftliche Bewirtschaftung tatsächlich maßgeblich für die Nitratwerte an den Messstellen ist".
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte zunächst erwogen, gerichtlich gegen die Verschärfung der Düngeverordnung vorzugehen. "Wir werden prüfen, ob der Klageweg Aussicht auf Erfolg hat", erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied im April der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die geplanten Maßnahmen basierten "auf nicht fachgerechten Vorgaben". So seien einzelne Regelungen wie die pauschale Reduktion der Düngung in einigen Regionen um 20 Prozent "fachlicher Unsinn".
Um Zweifel auszuräumen, erarbeitet die Bundesregierung gerade eine Verwaltungsvorschrift für einheitliche Mess-Standards und zur Ausweisung sogenannter roter Gebiete, die besonders belastet sind und für die strengere Regeln gelten sollen.
Wasserversorger warnen: Es droht ein "Wegrechnen" zu hoher Werte
Wasserversorger halten indes wenig von den bisherigen Plänen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft erklärte, mit dem Entwurf drohe ein "Wegrechnen" zu hoher Werte, weil nicht Messwerte, sondern Modellrechnungen ausschlaggebend wären.
Die kommunalen Wasserversorger forderten, das Augenmerk müsse auf den Schutz der Trinkwasserressourcen gerichtet werden. Auch die Umweltorganisation BUND betonte, die Bundesländer müssten rote Gebiete sachgerecht ausweisen, "anstatt sie klein zu rechnen".
Der WWF verwies auf die "angespannte Situation an Nord- und Ostsee", die im Bericht ebenfalls dargestellt wird. "Es entstehen immer mehr sauerstofffreie tote Bodenzonen. Über Flüsse ins Meer gespülte Nährstoffe fördern das Massenwachstum von Algen und Bakterien", mahnten die Umweltschützer. Die Nitratkonzentrationen sind dem Nitratbericht zufolge in der Nordsee küstennah vor den Mündungen der Ems, Elbe und Eider am höchsten. In der Ostsee seien die Werte insgesamt geringer, am höchsten seien sie in den Bodden, küstennah und in der Nähe der Flussmündungen. (dpa/afp/mgb)
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