Papiertaschen statt Plastiktüten, Energiesparlampen statt Glühbirnen, Mehrweg statt Einweg – in den vergangenen Jahren wurden immer wieder Lösungen angepriesen, um die Umwelt und auch unseren Geldbeutel zu schonen. Nur wie gut sind diese Lösungen wirklich? Und funktionieren sie im Alltag?
Unter dem Deckmantel "Umweltschutz" werden Verbrauchern öfter Lösungen präsentiert, die bei genauerer Betrachtung gar keine sind. Vielmehr tragen sie oft dazu bei, ein Problem zu verschlimmern oder andere Probleme hervorzurufen. Doch wie verhalten wir uns der Umwelt zuliebe nun richtig und was ist im allgemeinen Ökowahnsinn nur zu einer Scheinlösung verkommen?
Sind Papiertüten besser als Plastiktüten?
Den Kampf gegen Plastiktüten gibt es seit vielen Jahren. Sie hat keinen guten Ruf. Bilder von Tieren, die wegen Plastikmüll verenden und Reportagen von Kunststoffbergen, die in den Ozeanen treiben, haben sich fest in unseren Köpfen verankert. Plastikmüll ist – keine Frage – eine große Belastung für unsere Umwelt. Deswegen werden uns in Supermärkten oft Papiertüten als umweltfreundlichere Variante angeboten.
Allerdings benötigt die Papiertüte in der Herstellung fast doppelt so viel Energie wie eine Plastiktüte. Außerdem werden Luft und Wasser durch Chemikalien, Stickoxide und Schwefeldioxide belastet, weil die Zellstofffasern damit behandelt werden müssen. Auch mit der Wiederverwendbarkeit ist es so eine Sache. Weil Papier weder wasserabweisend noch besonders reißfest ist, wird die Tüte nicht unbedingt nochmal eingesetzt.
Immer öfter gibt es als Alternative zur herkömmlichen Plastiktüte nun aber auch sogenannte Bioplastiktüten. Diese sollen umweltfreundlicher und kompostierbar sein. Innerhalb von 90 Tagen können sie sich fast komplett zersetzen. Das Problem: Die modernen Kompostieranlagen arbeiten deutlich schneller, sodass die Bioplastiktüten nicht schnell genug verrottet und am Ende doch aussortiert und verbrannt werden müssen.
Selbst Baumwolltaschen sind nicht automatisch umweltfreundlicher als Plastiktüten. Erst die vielfache Verwendung macht sie zur besten Lösung. Hier liegt das Problem in der Herstellung. Laut den Federal Laboratories for Material Testing and Research in Zürich werden bei der Herstellung einer Papiertüte circa 60 Gramm Kohlendioxid ausgestoßen und im Vergleich dazu bei einem Jutebeutel 1.700 Gramm CO2. Der Baumwollbeutel lohnt sich also erst dann, wenn er rund 30 Mal verwendet wird.
Welchen Fortschritt macht unser Mehrwegsystem?
Mit der Einführung des Dosenpfands sollte die Einwegflasche aus dem Handel verdrängt werden. Es war die Muster-Lösung schlechthin, aber die Bilanz ist verheerend. Durch die Einführung wurde nicht die Einwegflasche verdrängt – dafür werden die Mehrwegflaschen immer weniger.
Bereits in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung war ein deutlicher Rückgang zu beobachten. Der Bund Getränkeverpackungen der Zukunft bringt es in einer Broschüre so auf den Punkt: "Der Dosenkonsum in Deutschland steigt seit 2006 kontinuierlich an. In 2016 wurden über 2,5 Milliarden Getränkedosen gekauft. Und die PET-Einwegflasche hat sich im Bereich der alkoholfreien Getränke in Deutschland als meist genutzte und gekaufte Verpackung etabliert. Mehr als 95 Prozent aller Haushalte in Deutschland greifen auf PET-Einwegflaschen zurück."
Und auch eine Kampagne des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zeigt, was seit Inkrafttreten des einheitlichen Pfandsystems passiert ist: "Bei einer Reihe an Getränkesorten ging der Anteil der Mehrweg- und anderer ökologisch vorteilhafter Verpackungen zurück; seit 2004 von rund 70 Prozent auf 46,1 Prozent im Jahr 2014." Dann kam noch Coca-Cola. Der weltweit größte Getränkekonzern hat sein Verpackungskonzept für Deutschland im Jahr 2015 umgestellt. 0,5 und 1,5-Liter-Flaschen gibt es seitdem nur noch als Einwegflaschen zu kaufen.
Einzig und allein das Bier wird auch weiterhin konstant aus Mehrweg-Glasflaschen konsumiert. Hier hat sich kaum etwas verändert. Fakt ist, dass Mehrwegflaschen deutlich umweltfreundlicher sind. Eine PET-Mehrwegflasche kann bis zu 25 Mal, eine Glasflasche sogar bis zu 50 Mal wiederbefüllt werden. Auch wenn sich die Ökobilanz von recycelten Einwegflaschen mittlerweile stark verbessert hat, so reduziert man mit dem Mehrwegsystem dennoch Abfälle, spart Rohstoffe und erzeugt folglich auch weniger Treibhausgase.
Ist Wassersparen sinnvoll?
Jeder Deutsche verbraucht im Schnitt 122 Liter Wasser pro Tag für Dinge wie Körperhygiene, Toilettengänge, Kochen oder Wäsche waschen. Haben wir in den 1990er-Jahren noch rund 150 Liter Wasser pro Tag und pro Kopf benötigt, ist der Verbrauch seitdem fast kontinuierlich zurückgegangen. Zum Vergleich werden in Schweden rund 197 Liter pro Kopf und Tag verbraucht, in Spanien etwa 270 und in Dubai sogar 500.
Kaum eine andere Nation hat das Wassersparen so verinnerlicht wie wir Deutschen. Daran erinnern uns auch "Spülstopp"-Funktionen und -aufkleber auf Toiletten oder Erfindungen wie wassersparende Duschköpfe. Dabei hat der sinkende Wasserverbrauch nicht unbedingt positive Auswirkungen. In einigen Regionen Deutschlands fließt das Wasser durch den geringen Verbrauch zu langsam durch die Rohre. Dadurch können sich Keime bilden und es werden nicht mehr alle Ablagerungen aus der Kanalisation gespült. Auch Sulfide, Schwefelsäure, Geruchsstoffe und giftige Gase bilden sich so im Abwasser. Steht das Wasser, so können die Rohre kaputt gehen.
Kurioserweise wird auch der Wasserpreis durch unseren Spar-Zwang steigen. Die Wasserversorger müssen trotz geringeren Verbrauchs die Rohre spülen und Klärwerke betreiben. Weil die Selbstspülungsvorgänge weniger werden, erhöht das den Wartungsaufwand.
Die geringere Wasserförderung hebt außerdem den Grundwasserspiegel in vielen Regionen wieder an. Das ist deswegen ein Problem, weil Keller, Ackerflächen und Abwassergräben an einen abgesenkten Pegel angepasst wurden. Somit drückt es vielerorts das Wasser hinein. All das bedeutet natürlich auch nicht, dass wir nun Wasser in rauen Mengen verbrauchen sollen. Für die Erwärmung von Wasser wird nämlich zum Beispiel ein hoher Energieaufwand betrieben. Dennoch muss das Wasser nicht rationiert werden.
Sind Energiesparlampen umweltfreundlicher?
Kaum eine Verordnung wurde in Deutschland so diskutiert wie die Abschaffung der Glühbirne. Es gab sogar regelrechte Hamsterkäufe unter den Verbrauchern. Ersetzt wurde sie durch die Energiesparlampe, die bis heute keine wirklichen Begeisterungsstürme für sich auslösen kann. Das Licht ist kalt, es wird nicht gleich hell und die Lampe ist verhältnismäßig teuer.
Die Lampen enthalten zudem hochgiftiges Quecksilber und das macht sie gleichzeitig zu Sondermüll. Quecksilber befindet sich zwar nur in äußerst geringen Mengen in den Lampen, bei Zerbrechen verteilen sich die giftigen Dämpfe dennoch im Raum und können gesundheitsschädlich sein.
Die Hersteller der Energiesparlampen haben jedoch mittlerweile nachgerüstet und verkaufen zum Beispiel Modelle mit Splitterschutz, mit Quecksilber in gebundener Form oder mit Amalgam statt Quecksilber. Ist die Lampe kaputt, so kann sie aber immer noch nicht einfach im Hausmüll entsorgt werden. So bleibt nur eines: Die Entsorgung der Lampe auf dem Schadstoffhof oder bei einer Rücknahmestelle.
Wer seine Energiesparlampe dennoch im Hausmüll entsorgt, dem droht sogar ein Bußgeld. Das kann – abhängig vom Bundesland – bis zu 1000 Euro betragen. "Da bislang die wenigsten Verbraucher ihre Energiesparlampen ordnungsgemäß entsorgen, gehen Experten davon aus, dass jährlich fast 3 Tonnen Quecksilber in die Umwelt gelangen, und so beispielsweise zur Wasserverschmutzung beitragen! Dies ist alles andere als umweltfreundlich." – so steht es beim Verband für bürgernahe Verkehrspolitik.
Der Markt entwickelt sich jedoch stetig weiter und arbeitet an anderen Lösungen. Die LED-Technologie ist auf dem Vormarsch – hier werden in den nächsten Jahren weitere nachhaltige Veränderungen erwartet. Auch das Licht vieler LED-Leuchten ist fast schon mit dem einer Glühbirne vergleichbar und eine gute Umweltbilanz bekommen die Lampen wegen ihrer Energieeffizienz und Langlebigkeit, denn eine gute LED-Leuchte kann schon mal bis zu 20 Jahre halten. Aber auch hier gilt: Entsorgt werden müssen sie als Sondermüll.
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