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Der 2. Februar markiert einen der höchsten Feiertage im Kalender der Anhänger der afro-brasilianischen Religionen Umbanda und Candomblé: Es ist der Tag der Meeresgöttin Iemanjá.
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In ganz Brasilien wird die "rainha do mar" ("Göttin des Meeres") verehrt. Sie gilt als großzügig, Beschützerin der Fischer und der Liebe sowie als Symbol für Fruchtbarkeit.
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Es ist dieses Jahr das erste Mal, dass die Zeremonie seit Beginn der Corona-Pandemie stattfinden konnte. Hier treffen sich Anhänger der Meeresgöttin im Stadtviertel Rio Vermelho von Salvador da Bahia, das als afro-brasilianische Hauptstadt Brasiliens gilt.
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In Bahia tragen viele der älteren Frauen bei religiösen Feiern die traditionelle Tracht, bestehend aus einem ausladenden weißen Rock und weißer Bluse. Weiß gilt neben Hellblau auch als die Farbe Iemanjás.
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Auch ein Turban, in Weiß oder farbig, gehört dazu. Wie die Religionen Candomblé und Umbanda hat auch die Tracht ihre Wurzeln in Afrika. Der Turban zeugt davon: Er ist ein Überbleibsel von islamischen Einflüssen.
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Die "Baianas" sind in Salvador zu einer Touristenattraktion geworden. Ursprünglich trugen sie ihre Tracht jedoch für die Feiern des Candomblé.
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Iemanjá ist die Mutter fast aller Orixás - afro-brasilianischer Gottheiten, die ihren Ursprung im westafrikanischen Götterhimmel haben. Millionen von Sklaven, unter anderem vom Stamm der Yorubá, wurden zu Kolonialzeiten nach Brasilien verschleppt und brachten ihren Glauben mit.
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Dass Iemanjá und andere Orixás wie Exú, Xangô oder Ogun heute noch eine große Rolle im Leben der Brasilianerinnen und Brasilianer spielen, ist deren Pragmatismus zu verdanken. Die Kolonialherren und die katholische Kirche versuchten, die afro-brasilianischen Kulte lange zu unterdrücken.
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Mit mäßigem Erfolg. Findige Anhänger von Candomblé und Umbanda tarnten ihre Gottheiten als christliche Heilige. So ist die katholische Entsprechung von Iemanjá etwa wahlweise Unsere Liebe Frau der Seefahrer oder die Gottesmutter Maria.
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Pragmatismus auch deshalb, weil man hier weit laxer mit dem Thema Religion umgeht als andernorts. Brasilien ist gleichzeitig das größte katholische und das größte synkretistische Land der Welt: Hier vermischen sich religiöse Traditionen - und jeder pickt sich die Aspekte heraus, die für den eigenen Alltag nützlich sind.
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Die meisten Brasilianerinnen und Brasilianer hängen nicht nur einer Religion an: Es ist ganz normal, sonntags in die Kirche zu gehen und später eine Opfergabe für einen Orixá aufzustellen.
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Blumen, Kerzen, Teller mit Früchten oder Tapiokamehl und Reis stehen deswegen an vielen strategischen Orten in der Stadt, um einen Orixá günstig zu stimmen oder eine Bitte erfüllt zu bekommen.
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Während der Candomblé noch in Afrika entstand und von Skaven nach Brasilien gebracht wurde, entstand die Umbanda hier - als eine Mischung aus Katholizismus, Spiritismus und afro-brasilianischen Religionen.
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Der Candomblé gilt als Naturreligion, die Götter - Orixás - als deren Repräsentanten, die die Energien auf der Erde ausgleichen. In der Umbanda kommunizieren sie über Medien mit den Menschen.
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Ursprünglich war Iemanjá schwarz. Durch den Einfluss der katholischen Kirche wird sie heute als weiße Frau mit europäischen Zügen symbolisiert - was von Experten inzwischen als "kulturelle Gewalt" interpretiert wird, also ein Versuch, die afro-brasilianische Kultur zu unterdrücken.
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Nicht nur in Brasiliens "afro-brasilianischer Hauptstadt" Salvador, auch in anderen Städten und Ortschaften wird der Feiertag der Göttin des Meeres begangen - hier etwa am Strand von Arpoador in Rio de Janeiro.
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Zwar ist der 2. Februar der höchste Feiertag Iemanjás, beileibe aber nicht der einzige. Auch zu Silvester wird der Meeresgöttin gedacht - und es werden ihr zu Ehren Blumen ins Meer geworfen.
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Kleine Schiffchen mit Opfergaben werden auf den Ozean geschickt.
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Wer am Meer wohnt, begibt sich zu Neujahr häufig an den Strand, um kurz nach Mitternacht über sieben kleine Wellen zu hüpfen. Für jede der übersprungenen Wellen soll Iemanjá einen Wunsch fürs nächste Jahr erfüllen.
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Die Verehrung von Iemanjá beschränkt sich nicht auf Brasilien: Die Umbanda verbreitete sich in andere lateinamerikanische Länder. So wird am 2. Februar auch in Montevideo (Uruguay) der "Königin des Meeres" gedacht. (Bild)
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Am Strand von Ramírez in Montevideo (Bild) feiern Tausende und bitten Iemanjá um ihr Wohlwollen.