"Ich bin Deutsch!", Ingrid
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Zolana wurde in Deutschland geboren, zog mit seinen Eltern allerdings im Alter von vier Jahren nach Kongo-Kinshasa und kam erst als junger Erwachsener wieder zurück. In Kongo-Kinshasa lernte er bereits als Kind viele andere Kinder aus den unterschiedlichsten Kulturen, Ländern und Sprachen kennen. Bislang habe er noch keine negativen oder rassistisch geprägten Erfahrungen gemacht: "Ich denke, das liegt an meiner positiven Ausstrahlung." Zolana möchte mit seiner Teilnahme an dem Projekt zeigen, "dass es ein Vorteil und eine Bereicherung ist, mit mehreren Kulturen zu leben und aufzuwachsen".
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Matthias wurde ebenfalls in Deutschland geboren, seine Eltern stammen aus Südkorea. Im Kindergarten hätten die anderen Kinder Schlitzaugen gezogen und "Ching-Chang-Chong" gesungen. Andere negative, rassistisch geprägte Erfahrungen habe er seitdem nicht mehr gemacht. "Vielleicht liegt das daran, dass man mit asiatisch aussehenden Menschen die Begriffe 'fleißig' und vielleicht auch 'Kung-Fu' verbindet."
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C. wurde in Deutschland geboren. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater Inder. Sie ist sich sicher: "Mein Bild in den Bewerbungsunterlagen hatte einen Einfluss darauf, bei vielen Firmen nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden." Zu dieser Zeit habe sie sich häufig gewünscht, blond zu sein. C. erzählt im Interview auch von einer schlimmen Erfahrung auf der Straße: In einer Fußgängerzone sei sie aus einem Auto heraus von einer älteren Frau als "Drecksausländer" beschimpft und angespuckt worden.
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Senad wurde in Deutschland geboren, seine Eltern stammen aus dem Kosovo. Er ist Muslim und hat festgestellt, dass "mich Menschen, insbesondere nach islamistischen Anschlägen, anders ansehen als sonst". Senad ist überzeugt, dass man fremdenfeindlichen Menschen die Angst "vor dem Fremden" nehmen müsse. "Anderssein" bedeute nicht, dass man Angst davor haben müsse.
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Helen wurde in Jordanien geboren und ist türkischer Abstammung. Seit ihrer Hochzeit vor mehr als 20 Jahren lebt sie mit ihrem Mann, der ebenfalls türkischstämmig ist, in Deutschland. Sie fühle sich sehr wohl und wünsche sich, dass "Ich bin Deutsch!" Brücken baut "und dadurch viele Menschen zueinander und zu einem Miteinander finden". Wenn sie sich in der Welt umschaue, sehe sie "eher Spalter als Brückenbauer an der Macht, die nichts anderes kennen und können, als Ängste bei den Menschen zu schüren".
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Eduard kam als Spätaussiedler 1994 mit seiner Familie, die aus Russland nahe der chinesischen Grenze stammt, nach Deutschland. Dort habe es auch eine mongolische Minderheit gegeben. Heute gibt er zu, ihnen gegenüber rassistisch gewesen zu sein. In Deutschland erfuhr er dann schnell "die andere Seite". Deswegen mache er auch bei dem Projekt mit, "um daran zu arbeiten, früher rassistisch gewesen zu sein". Er habe eingesehen, "dass Rassismus eher hinderlich als förderlich ist". Außerdem sei es ihm wichtig, zu zeigen: Man kann seine Haltung gegenüber Fremden durchaus ändern.
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Hafza wurde in Deutschland geboren, ihre Eltern stammen aus Somalia. Sie trägt einen Hijab und betont im Interview, dass niemand sie dazu gezwungen habe und sie ihn freiwillig trage: "Einen Hijab zu tragen, ändert ja nichts an meinem Charakter, oder daran, was oder wer ich bin." Es komme vor, dass sie auf der Straße von fremden Personen angesprochen und aufgefordert werde, in ihre Heimat zurückzukehren. Hafza wünscht sich deswegen, "dass diese Menschen offener auf uns und auf den Islam zugehen".
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Mirja wurde in England geboren und hat polnische, deutsche sowie britische Wurzeln. In der Schule habe sie sich aufgrund ihres ungewöhnlichen Namens häufig ausgegrenzt und unsicher gefühlt, später habe sie aufgrund ihres (hier nicht genannten) Nachnamens hin und wieder auch Ausgrenzung aus antisemitischen Motiven erfahren. Mirja wurde im christlichen Glauben erzogen und ist heute Buddhistin. Sie bringt Interessierten den Buddhismus näher, ohne sie allerdings missionieren zu wollen. Sie ist überzeugt, "dass trotz aller Widrigkeiten und Grenzen alle Menschen so viel mehr eint als trennt".
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Kelvin wurde im westafrikanischen Benin geboren und zog für sein Studium nach Deutschland. Im Interview erzählt er von einer schlimmen Erfahrung: Er war im Supermarkt einkaufen und stand etwas länger vor einem Regal. Als er nach dem Bezahlen den Laden verließ, rannte ein Mitarbeiter hinter ihm her und wollte seine Tasche kontrollieren. Jemand hatte ihn wohl beobachtet und nicht einmal an der Kasse nachgefragt, ob bezahlt wurde. Sein Bruder habe ihm daher den Tipp gegeben, sich immer den Kassenzettel geben zu lassen – egal, bei welchem Betrag.
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Dr. Karamba Diaby wurde im Senegal geboren, kam über ein Stipendium in die damalige DDR und ist heute Mitglied des Deutschen Bundestages. Für ihn ist Rassismus "inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen". Alltagsrassismus sei auch keine Frage der Randgruppen. Er werde im öffentlichen Raum immer wieder mit bestimmten Blicken und unangenehmen Bemerkungen bedacht. Solange er sich nicht in Gefahr bringe, lasse er so etwas aber nicht zu, das sei ihm wichtig. In seinem Wahlkreis hingegen bekomme er viel Zuspruch: Es sei gut zu wissen, "dass diese Menschen, die Hass und Hetze verbreiten, nicht die Mehrheit unserer Gesellschaft sind".
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Sawsan Chebli wurde in Berlin als zwölftes Kind einer palästinensischen Flüchtlingsfamilie geboren und ist heute Politikerin (SPD). "In dem Moment, in dem ich für die Öffentlichkeit sichtbar geworden bin und stark Position bezogen habe gegen Rechts, wurde ich zum Feindbild Nummer eins der Rechten", sagt sie im Interview. Je sichtbarer man sei, desto radikaler würden auch die Angriffe werden. Ihrer Meinung nach ist die Mitte in Deutschland viel zu still. "Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man so still sein kann, wenn man in einem Land mit dieser hässlichen Geschichte lebt."
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Ingrid wurde in Kolumbien geboren und lebt seit 2011 in Deutschland. Sprache ist für sie als verbindendes Element extrem wichtig: "Wenn man sich richtig in ein Land, in eine Kultur integrieren möchte, dann muss man auch die Sprache dieses Landes lernen und sprechen können." Das habe auch etwas mit Respekt zu tun. Anfangs habe es vielleicht Menschen gegeben, die keine Geduld mit ihr gehabt hätten, da sie so schlecht Deutsch gesprochen habe. Diskriminierung habe sie aber nie erfahren. Ganz im Gegenteil: "Mir wurde immer und überall geholfen."
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Yamel stammt ursprünglich aus Mexiko. Nach ihrem Studium lernte sie Deutsch, beschäftigte sich mit der Kultur und kam schließlich 1998 nach Deutschland, um die Sprache besser lernen zu können. Negative Erfahrungen gab es in ihrem Leben aber auch: Ihr Auto wurde "einmal komplett von hinten nach vorne zerkratzt, ein anderes Mal mit Fäkalien beschmiert". Das habe ihr Angst gemacht, so etwas habe sie bis dahin noch nicht gekannt.
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Rafaels Wurzeln liegen in Peru, dort ist er auch auf eine deutsche Schule gegangen und hat sein Abitur gemacht. Sein Deutschlehrer habe einmal zu ihm gesagt: "Du bist Peruaner und du wirst bei mir nie besser als vier Punkte im Abi werden." Sein Studium absolvierte er dann in Deutschland. Dabei seien ihm vor allem die Schikanen auf den Ämtern in Erinnerung geblieben. Seiner Meinung nach gibt es Diskriminierung überall auf der Welt, in jeder Gesellschaft: "Wenn man anders ist, anders aussieht oder anders spricht, wird man auch anders gesehen."
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Sylvia wurde in Kenia geboren und ging der Liebe wegen nach Deutschland. Sie heiratete einen Mann, mit dem ihre Familie nicht zufrieden war. Denn: Er war weiß. In Kenia, als ihr Mann ihr den Heiratsantrag gemacht habe, habe es einen weißen Prediger gegeben, der vor der Gemeinde erklärt habe, sie lebe in Sünde. Es sei nicht Gottes Wille. Er habe ihr damit jegliche Menschlichkeit abgesprochen. Später habe sie erkannt, "dass Christen auch sehr, sehr rassistisch sein können".
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Juandalynn R. Abernathy wurde in den USA geboren und ist die Patentochter von Martin Luther King. Ihr Vater und King gründeten die Freiheitsbewegung in den USA. Ein Stipendium führte Abernathy im Jahr 1980 nach Deutschland. Im Interview spricht sie darüber, dass sie schon häufig diskriminiert wurde und erzählt auch eine Geschichte von ihrem Sohn: Er sei damals drei Jahre alt gewesen, als er aus dem Kindergarten gekommen sei und gesagt habe: "Mama, Evi hat gesagt, sie spielt nicht mehr mit mir, weil meine Hautfarbe nicht so weiß wie Schnee ist." Die Mutter des Kindes habe sich entschuldigt, die Erzieherin habe es unter den Tisch kehren wollen. Die Jugend sei die Zukunft, betont Abernathy, Rassismus müsse man deswegen bereits im Kindesalter fassen. Man müsse unbedingt früh über das Thema sprechen, damit alle harmonisch miteinander leben und wachsen könnten.