Hat das Römische Reich bis heute Auswirkungen auf uns? Ja - zumindest laut einer aktuellen Studie. Demnach weisen Menschen, die in Gebieten des damaligen Reiches leben, ein höheres Wohlbefinden auf.

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Das ewige Römische Reich fasziniert Historikerinnen und Wissenschaftler seit Jahrhunderten – und das "ewig" ist hier entscheidend. Denn auch wenn das Weströmische 480 n. Chr. und das Oströmische Reich 1453 offiziell untergegangen sind, ist der kulturelle, wirtschaftliche und geografische Einfluss des alten Reiches noch heute groß.

Eine aktuelle internationale Studie, an der auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Jena beteiligt waren, zeigt, wie sich Sozialisation, Befindlichkeiten und Wohlbefinden innerhalb von Deutschland wandeln können – je nachdem, auf welcher Seite des Limes, des damaligen römischen Grenzwalls, man heute lebt. Der Limes bildet damit laut der Studie eine Art "psychologische Grenze" in Deutschland.

Was genau ist der Limes?

Die Grenzlinie, die das Römische Reich vom Rest der Welt trennte, erstreckte sich über mehrere Tausende Kilometer von Schottland über Mittel- und Osteuropa bis in den Nahen Osten und Nordafrika. Nach der Chinesischen Mauer ist der Limes das zweitgrößte Bauwerk der Welt und das größte Bodendenkmal Deutschlands.

Noch heute finden sich auf dieser Linie Überreste römischer Mauern, Wachtürme und Festungen, Teile wurden rekonstruiert. Allein in Deutschland war der Limes um die 550 Kilometer lang und erstreckte sich zwischen Rhein und Donau. 160 Kilometer reichen quer durch Bayern, von Passau bis Aschaffenburg.

Wo lebt es sich besser?

Mehr als 70.000 Menschen nahmen an der Studie teil, die Befragungen wurden in mehreren Erhebungswellen von 1984 bis 2016 durchgeführt. Verglichen wurden die Gebiete in Deutschland, die vor rund 2.000 Jahren zum Römischen Reich gehörten, mit jenen, die sich nicht im damaligen römischen Einflussgebiet befanden – und dabei zeigt sich tatsächlich eine Abweichung.

Die Menschen aus den ehemaligen römischen Gebieten wiesen demnach einen besseren Gesundheitszustand, eine höhere Lebenszufriedenheit und Lebenserwartung auf. Und das laut dem leitenden Forscher Martin Oschonka unter Berücksichtigung moderner Einflussfaktoren und regionaler Bedingungen, wie Wirtschaft, Geologie oder Klima.

Eine Grenze zwischen Fortschritt und Unterentwicklung

"Die Studie deutet darauf hin, wie historische Ereignisse, die Tausende von Jahren zurückliegen, langanhaltende 'verdeckte' psychologische Auswirkungen auf die heutige Bevölkerung haben können", so Oschonka. Laut den Forschenden gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass die römische Kultur einen großen Wert auf Wohlbefinden und Gesundheit legte und damit die Gebiete, in denen sie präsent waren, nachhaltig geprägt haben.

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Der Limes steht für die Forschenden damit für die Grenze zwischen Wohlstand, Fortschritt und Einfluss und anderen "vergleichsweise unterentwickelten germanischen Stämmen", die jenseits des Grenzwalls in Deutschland lebten.

Das Erbe der Römer ist bis heute spürbar

"Die römische Besatzung hinterließ ein bedeutendes und dauerhaftes wirtschaftliches sowie kulturelles Erbe, das sich – so unsere Vermutung – nun auch in den psychologischen Landkarten widerspiegelt", erklärt Michael Fritsch von der Universität Jena, der ebenfalls an der Arbeit beteiligt war. "Die Studie legt nahe, dass die römischen lokalen Investitionen in wirtschaftliche Fortschritte wie das Straßennetz, die Märkte und Bergwerke entscheidend zu diesem Effekt beigetragen haben."

Dass die Errungenschaften des Römischen Reiches bis heute Auswirkungen haben, ist in der Wissenschaft bereits hinlänglich bekannt. In einer Studie von 2022 haben Forschende der Universität Kopenhagen festgestellt, dass die 80.000 Kilometer Verkehrswege, die im Römischen Reich gebaut wurden, bis heute ausschlaggebend für die Konzentration von Städten und wirtschaftlichen Aktivitäten sind.

Verwendete Quellen