Viele Katzenbesitzer sind mit den vermeintlichen Launen ihres flauschigen Mitbewohners bestens vertraut. Liegt man im einen Moment in stiller Eintracht zusammen auf dem Sofa, kann es innerhalb von Sekunden zu dramatischen Fauchszenen kommen. Alles nur Attitüde oder steckt mehr dahinter?
Im einen Moment schnurren sie, dann knurren sie. Und überhaupt sind Katzen ja eh herrlich eigenwillig? Katzentrainerin Anika Moritz sieht das anders. Mit ihrer Katze Alexis hat sie einen Weltrekord aufgestellt - 26 Katzentricks in einer Minute. In ihrem Buch schreibt sie über das Verhältnis von Mensch und Katze.
Gerade, wenn wir das Verhalten unserer Tiere interpretieren, kommt es der Expertin zufolge oft zu Missverständnissen. Wenn Sie sich also manchmal - halb im Spaß - die Frage stellen, ob Ihre Katze Sie hasst, weil sie mal wieder das Sofa zerkratzt oder sie ständig faucht, kann etwas anderes dahinterstecken. Anika Moritz unterscheidet in ihrem Buch zwischen unerwünschten Verhaltensweisen und Verhaltensauffälligkeiten, die die Katze zeigt.
Beispiele für unerwünschtes Verhalten bei Katzen
Viele Menschen stört es, wenn die Katze über die Küchenzeile spaziert oder Möbel zerkratzt. Beide Verhaltensweisen sind aber für Katzen typisch, sagt Moritz. Dass Katzen springen und kratzen, sei ganz normal.
Das heißt auch: Wenn man diese Angewohnheiten nicht mag, sollte man der Katze ein Gegenangebot machen und erwünschtes Verhalten belohnen. Das kann im Falle der zerkratzten Möbel bedeuten, dass man mehrere Kratzbretter in der Wohnung anbringt und das Tier direkt streichelt, nachdem es das Brett genutzt hat. Wichtig dabei ist allerdings, dass die Katze es auch als Belohnung empfindet - die einen lieben Streicheleinheiten, die anderen bevorzugen ganz klar Leckerlis.
Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten bei Katzen
Aufmerksam sollten Sie werden, wenn die Katze Verhaltensauffälligkeiten zeigt, wie etwa Aggressionen oder ständiges Miauen oder wenn sie ihr Geschäft außerhalb des Katzenklos verrichtet. Vielleicht verleiht Ihr Haustier damit seiner Unzufriedenheit über bestimmte Umstände Ausdruck. Etwa, dass das stille Örtchen nicht sauber genug ist.
Der Expertin zufolge steckt hinter diesen Verhaltensweisen jedoch keine Abneigung, sondern oft etwas Ernstes: "In 90 Prozent der Fälle haben Katzen, die Aggressionen zeigen, Schmerzen."
Moritz empfiehlt, in diesen Fällen in einer katzenfreundlichen Tierarztpraxis checken zu lassen, ob mit der Katze alles in Ordnung ist. "Gerade ältere Katzen haben sehr oft mit Zahnschmerzen zu kämpfen", sagt die Expertin. "Da Katzen auch Fluchttiere sind, versuchen sie, ihre Schmerzen zu verstecken."
Doch was, wenn man bereits ausgeschlossen hat, dass die Katze gesundheitliche Probleme hat, Sie aber immer noch das Gefühl haben, Ihre Katze ist Ihnen nicht gerade zugetan? Anika Moritz sagt: "Es gibt keine launischen Katzen. Jede Katze, die launisch wirkt, hat vermutlich ein medizinisches Problem - oder Stress."
Ihre Katze hasst Sie nicht - doch vielleicht hat sie Stress
Die gute Nachricht ist also: Ihre Katze hasst Sie nicht. Wenn die Katze ungewöhnliche Verhaltensweisen zeigt, sind Sie als Besitzer gefragt. "Es ist ein Problem, dass wir das Verhalten der Katze labeln und vermenschlichen, um es zu erklären – und dabei kommt es oft zu Missverständnissen", sagt Anika Moritz und appelliert, sich generell öfter in die Katze hineinzuversetzen. Nur so könnten wir ihr Verhalten verstehen und ihren Bedürfnissen gerecht werden.
Wenn es nicht ganz ohne Vermenschlichung Ihrer Katze geht, können Sie sich auch die Frage stellen: "Hasst" Ihre Katze Sie vielleicht zu Recht? Heißt: Haben Sie, wenn auch unabsichtlich, etwas getan, das Stress bei ihr ausgelöst haben könnte? Typische Stressfaktoren bei Katzen sind oft veränderte Routinen. Sind Sie etwa in den Urlaub gefahren oder hatten wegen anderer Verpflichtungen nicht so viel Zeit wie gewöhnlich für die Katze? Das kann dazu führen, dass das Haustier mehr Aufmerksamkeit einfordert oder seinem Stress Ausdruck verleiht.
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Ein wichtiger Tipp: Nehmen Sie das Verhalten der Katze nicht persönlich. Denn, so ist sich die Expertin sicher: "Eine Katze hat keinen moralischen Kompass. Sie weiß auch nicht, was falsch oder richtig ist. Das, was sie weiß, ist, welches Verhalten sich für sie lohnt und welches Verhalten sich für sie positiv anfühlt."
Verwendete Quellen
- Telefonisches Interview mit Anika Moritz
- Buch: Anika Moritz: Die Katzentrainerin: Mit bedürfnisgerechter Erziehung die Katze-Mensch-Beziehung stärken
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