Ein Deep-Fake-Video eines selbsternannten Künstlerkollektivs mit der per KI täuschend echt imitierten Stimme des Bundeskanzlers zu einem politischen Thema in amtlicher Aufmachung ist verboten. Es missbraucht das Namensrecht der Regierung und führt zu einer "Zuordnungsverwirrung". So sieht es das Landgericht Berlin.
Die Richter gaben der Bundesregierung in einem Rechtsstreit gegen das "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS) Recht. Die Mitwirkenden des "Zentrums" halten sich für Künstler. So kann sich grundsätzlich jeder nennen. Die Beschuldigten berufen sich auf die Kunstfreiheit und behaupten, man dürfe dem Kanzler mit Hilfe von KI politische Positionen unterjubeln, die er nicht geäußert hat und die – so das Landgericht – erkennbar weder satirisch überspitzt noch künstlerisch gestaltet sind.
Wo endet die Kunst?
Wo Kunst beginnt und wo sie endet, ist rechtlich schwer zu bestimmen. Ob das Deep-Fake-Video insgesamt unter die Kunstfreiheit fällt, ließ das Gericht offen. Es ist verständlich, dass sich das Berliner Gericht im Hinblick auf eine Einordnung nicht festgelegt hat. Der Weg über das Namensrecht und die entstehende Verwirrung ist plausibel und begründet das Verbot belastbar.
Und dennoch ist die Debatte um Deep Fakes als Kunst nun eröffnet. Hier wird es Fälle geben, die nicht so brisant sind wie eine gefälschte politische Kanzleransprache. Geht es etwa für einen durchschnittlichen Betrachter erkennbar um Satire, dann wird man darin grundsätzlich Kunst erkennen können. Das mag der Fall sein, wenn man den Kanzler einen harmlosen Witz erzählen lässt oder ihn künstlich harmlos verkleidet.
Eingriff in die Meinungsbildung
Es ist aber etwas anderes, wenn per KI Mächtigen politische Aussagen in den Mund gelegt werden, die sie wohl nie treffen würden und auch nicht getroffen haben. Wenn man Staatsorganen aus Spaß politische Positionen unterschiebt, ohne dass das als Fälschung erkennbar ist, dann ist das bei rechtlicher Würdigung alles andere als Kunst im Sinne von Satire. Hier greift man unter fremder Identität verfälschend in die politische Meinungsbildung ein, die ein hohes und geschütztes Gut der Demokratie ist.
Es mag zwar sein, dass man bei derartigen Deep Fakes unsicher ist, was sie bedeuten, und auf den ersten Blick auch nicht weiß, ob man irritiert sein soll, ob man das frech oder gar lustig finden soll, oder ob das Video aufrütteln und einen anderen Blick auf die Realität auslösen soll. Das alles mögen auch Attribute von Kunst sein. Das Recht muss Fake Videos aber verhindern, wenn sie nicht eindeutig zugeordnet werden und in Verantwortungslosigkeit umschlagen können, die für den Staat und die Menschen gefährlich werden kann.
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Kein Witz um jeden Preis
Der Entwurf der KI-Verordnung sieht vor, dass KI-Deep-Fake-Videos deutlich zu kennzeichnen sind. Das ist wichtig und richtig.
"Mit der Kennzeichnung ist der besondere Effekt des Witzes weg", so könnten Menschen argumentieren, die die Kunstfreiheit auch unter Mitwirkung von KI bis über die Grenze der Verantwortungslosigkeit hinweg ausdehnen wollen.
Aber auch für Witze und Kunst gibt es Regeln und rechtliche Grenzen. Wenn dem Kanzler – wie geschehen –, ohne dass man das erkennt, politische oder weltanschauliche Positionen untergejubelt werden, um unter seinem Namen und mit der Autorität seines Amtes die demokratische Meinungsbildung zu beeinflussen, hört der Spaß auf.
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