Was vor einigen Jahren noch undenkbar war, ist vielleicht schon morgen möglich. Weil der Mensch stetig lernt, forscht, entwickelt, oft mitfühlt – oder erkennt, dass zunächst Ignoriertes Teil der Lösung sein kann. So wie Tiny Houses oder Gendermedizin zum Beispiel.
Dortmund plant Siedlung mit Tiny Houses
Während Lebensqualität für viele mit vielen Besitztümern einhergeht, haben andere für sich erkannt, dass sie mit weniger zufriedener sind. Bewusster Konsum, achtsamer Umgang mit den Ressourcen, sich frei machen von dem, was nicht wirklich benötigt oder sogar als Ballast empfunden wird. Minimalisten nennen sich diejenigen, die nach dem Motto "weniger ist mehr" leben. Einige tun es aus Überzeugung, andere aufgrund von wirtschaftlichen Aspekten. Die Gründe, warum Menschen reduzierter leben wollen, sind so vielfältig wie die alternativen Wohnformen, die viele Minimalisten anstreben.
Tiny Houses, also kleinste Häuser, oft auf Rädern und autark oder auch kleine Designer-Häuser, sind fester Bestandteil der Bewegung. Wer in ein Tiny House ziehen möchte, prallt bei der Planung schnell gegen eine schwer zu überwindende Hürde: das deutsche Baurecht. Strikte Bebauungspläne verhindern oft das legale Bewohnen eines kleinen Häuschens. Wer nämlich dauerhaft im Tiny House lebt, benötigt eine Baugenehmigung.
Doch es tut sich etwas im deutschen Bürokratie-Dschungel. In Dortmund etwa: Im Stadtteil Sölde soll eine moderne Tiny-House-Siedlung entstehen. Aktuell erarbeitet das Stadtplanungsamt den Bebauungsplan. Vergeben werden die Grundstücke dem aktuellen Bodenrichtwert entsprechend an sogenannte Baugruppen. Diese setzen sich aus mindestens vier Parteien zusammen, die sich mit ihrem Häuser-Konzept bei der Stadt bewerben. Flächensparendes Bauen, Nachhaltigkeit und gemeinschaftliche Planung bilden die Grundpfeiler des autofreien Projekts.
Dass nicht nur junge Menschen mit geringem Einkommen reduziertes Leben unter Gleichgesinnten interessant finden, zeigt das Modellprojekt. Bei den Interessenten handele es sich überwiegend um Menschen über 55, die solvent sind, sagt Gerald Kampert vom zuständigen Stadtplanungs- und Bauordnungsamt laut Website der Siedlung.
Von der Idee, Stellplätze für mobile Tiny Houses auf Rädern anzubieten, hat sich die Stadt tendenziell verabschiedet: "Wir planen eine dauerhafte Nachbarschaft mit hoher Wohnqualität. Aber jede Baugruppe plant ihr Konzept selbst und Tiny Houses auf Rädern sind ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Es darf ganz im Sinne eines Modellprojektes eine bunte Vielfalt entstehen", sagt Gerald Kampert. Baustart ist vermutlich 2026/2027.
Geschlechtersensible Medizin soll Teil des Studiums werden
Gendermedizin, auch geschlechterspezifische oder geschlechtersensible Medizin genannt, zielt darauf ab, die medizinische Versorgung optimal auf das biologische Geschlecht abzustimmen. Bei der Therapie und Prävention von Krankheiten werden in der Gendermedizin Unterschiede wie Hormone, Physiologie und Metabolismus beachtet. Soziale Aspekte wie Alter und Herkunft werden ebenfalls einbezogen. Diese Faktoren fanden in der Forschung und Praxis lange Zeit kaum Beachtung.
Dabei verlaufen bestimmte Krankheiten und Symptome bei Männern und Frauen oft unterschiedlich, beim Herzinfarkt etwa, wie der Ärztinnenbund schreibt [PDF]. Soziale Faktoren wie die familiäre Situation können die Behandlung beeinflussen. Auch die Verstoffwechselung von Medikamenten kann je nach Geschlecht anders verlaufen. Das Problem: Die meisten medizinischen Studien wurden in der Vergangenheit überwiegend mit männlichen Teilnehmern durchgeführt. Der weibliche Zyklus beeinflusst Krankheitsverläufe oder die Wirkung von vielen Medikamenten jedoch.
Zwar schreibt das deutsche Arzneimittelgesetz seit 2004 [PDF] vor, dass Männer und Frauen für klinische Arzneimittelprüfungen getrennt voneinander untersucht werden müssen, jedoch wurden viele verordnete Medikamente bereits vor der Novelle zugelassen. Um die ärztliche Behandlung für Frauen zukünftig effektiver zu machen, sollen die Erkenntnisse der geschlechtersensiblen Medizin ab 2025 in die Lehrpläne des Medizinstudiums integriert werden. Außerdem sollen sie im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen in Gesundheitsberufen thematisiert werden.
Im Houston Zoo: Halskrause für seltenen Grashüpfer
Mitgefühl für ein kleines Geschöpf haben eine Tierpflegerin und eine Tierärztin im Zoo von Houston in Texas gezeigt. Um einem seltenen peruanischen Grashüpfer das Leben zu retten, bastelten sie ihm eine winzige Halskrause. Das einem zarten Ast ähnelnde Insekt wies nach seiner Häutung einen Knick im Körper auf. Dadurch konnte der weibliche Grashüpfer seinen Kopf nicht waagerecht halten. Aus einem Wattestäbchen und medizinischen Klebeband bastelten die beiden die kleine Halskrause.
Diese musste der Grashüpfer einige Tage tragen, bis er seinen Kopf wieder eigenständig halten konnte. Mittlerweile ist die Grashüpfer-Dame genesen, wie der Zoo auf seinem Blog berichtet. Zurückgeblieben ist lediglich eine optische Blessur. Eine kleine "Narbe" mit einer schönen Botschaft, wenn man so will. "Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder verfährt", sagte der deutsche Politiker Gustav Heinemann einst. Schön, wenn der Mensch alle Lebewesen so empathisch betrachtet.
Verwendete Quellen
- kleinehaeuserdortmund.de: Klein in Dortmund-Sölde
- bundestag.de: Geschlechtsspezifische Medizin
- aerztinnenbund.de: Das Geschlecht macht den Unterschied [PDF]
- bundestag.de: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN [PDF]
- houstonzoo.org: A Tiny Vet Tale – Exceptional Vet Care for Even the Smallest Residents
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