- Göttinger Forscher des Max-Planck-Instituts vermelden Vielversprechendes: Sie haben Mini-Antikörper entwickelt, die das Coronavirus und seine Varianten binden und neutralisieren.
- Die Baupläne dafür haben Alpakas geliefert. Die Vorbereitungen für klinische Tests laufen bereits.
- Was sind Mini-Antikörper und wie könnte es nun weitergehen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Sie sind winzig, versprechen aber die Lösung eines umso größeren Problems: Ein Göttinger Forscherteam des Max-Planck-Instituts hat Mini-Antikörper entwickelt, die ein vielversprechender Wirkstoff in der Behandlung von COVID-19 sein könnten. Sie binden und neutralisieren das Coronavirus – und das bis zu 1.000-mal besser als zuvor entwickelte Mini-Antikörper.
Laut der Forschergruppe der biophysikalischen Chemie und der Unimedizin Göttingen sind die Mini-Antikörper, auch Nanobodies genannt, ebenfalls gegen die Varianten des Coronavirus wirksam. Weil die Nanobodies schnell und kostengünstig herstellbar sind und außerdem große Hitze aushalten, könnten sie den weltweiten Bedarf an COVID-19-Medikamenten decken. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was sind Mini-Antikörper?
Antikörper werden vom Immunsystem eingesetzt, um Krankheitserreger wie Bakterien und Viren abzuwehren. Sie entstehen so: Bestimmte Zellen des Immunsystems – die sogenannten B-Zellen – können in Prozessen durch körperfremde Antigene aktiviert werden.
Geschieht das, etwa bei einer Impfung oder der Ansteckung mit einer Krankheit, verwandeln sich die B-Zellen: Fortan produzieren sie Antikörper und werden teilweise zu Gedächtniszellen, die bei erneutem Kontakt mit dem gleichen Antigen einen Infektionsausbruch verhindern können.
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Winzig kleine Antikörper
Antikörper haben eine gemeinsame Grundstruktur – sie bestehen aus jeweils zwei schweren und zwei leichten Ketten. Nicht so Mini-Antikörper: Sie bestehen nur aus einer einzigen Domäne, die zwei leichten Ketten fehlen. Sie sind also deutlich kleiner und einfacher aufgebaut als herkömmliche Antikörper.
Nanobodies sind winzig klein, sie sind die kleinsten Antikörperfragmente, die zur Antigenerkennung befähigt sind und können leicht ins Gewebe eindringen. Antikörper lassen sich industriell herstellen und dann akut Erkrankten verabreichen – das kommt zum Beispiel bei Tollwut-Erkrankungen zum Einsatz. Der Vorteil von Nanobodies: Sie sind besser wasserlöslich und resistenter gegenüber Wärme als zugelassene Antikörperpräparate. Außerdem müssen sie nicht gekühlt werden.
Was haben Alpakas damit zu tun?
Um Nanobodies zu gewinnen, kommen in der Regel Dromedare, Kamele, Lamas oder Alpakas zum Einsatz. Auch Haie haben sich bereits als Spender etabliert. Auch die Göttinger Forschern ließen sich von Alpakas helfen: Sie injizierten den Tieren Britta, Nora und Xeina mehrmals ein Teil des Corona-Spike-Proteins.
Die drei Alpakas bildeten daraufhin Antikörper gegen diesen Proteinteil. Die Forscher entnahmen den Tieren Blut und gewannen im Labor mithilfe von Enzymen, Bakterien, Bakteriophagen und Hefen die Baupläne für rund eine Milliarde verschiedener Nanobodies. Sie isolierten die besten, testeten sie auf ihre Wirksamkeit und verbesserten sie immer weiter.
Wie könnten Nanobodies im Kampf gegen COVID-19 helfen?
Die so gewonnenen Nanobodies kämpfen gegen einen entscheidenden Teil des Coronavirus: Die sogenannte Rezeptor-Bindedomäne. Das ist der Bereich des Spike-Proteins auf seiner Oberfläche, mit dem das Virus seine Wirtszellen erkennt und in sie eindringen kann.
Wenn die Mini-Antikörper sich an diese Bindedomäne heften und sie blockieren, dann verhindern sie, dass das Virus Zellen infiziert. Die Hoffnung nun: Werden die Nanobodies akut Corona-Erkrankten verabreicht, wirken sie wie ein Medikament – lindern also Beschwerden und verkürzen den Krankheitsverlauf.
Auch in der Corona-Behandlung kommen Antikörper bereits zum Einsatz, die Therapie ist aber noch sehr aufwendig und teuer. Weil bei den Alpaka-Nanobodies so geringe Mengen ausreichen, um den Erreger zu stoppen, würden Erkrankte bei der Behandlung weniger belastet und die Produktionskosten würden sinken.
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Wirken die Nanobodies auch bei Varianten?
Der ursprünglich im chinesischen Wuhan identifizierte Stamm des Coronavirus ist im Laufe der Pandemie immer weiter mutiert, sodass mittlerweile auch Alpha-, Beta-, Gamma-, Delta- und Lambda-Varianten des Virus im Umlauf sind. Die Varianten sind teilweise ansteckender und haben ihr Spike-Protein durch die Mutation so verändert, dass manche ursprünglich wirksamen Antikörper von Infizierten, Genesenen oder Geimpften das Virus nicht mehr ausschalten können.
Somit ist es selbst für ein bereits gegen das Coronavirus aktiviertes Immunsystem schwieriger, das Virus zu stoppen. Die gute Nachricht aber: Die neuen Nanobodies sind auch gegen die bekannten Varianten wirksam. Und selbst wenn die Mini-Antikörper sich bei einer zukünftigen Variante als zu wenig wirksam erweisen würden, haben die Wissenschaftler eine Handhabe: Sie können die Alpakas erneut immunisieren.
Wie geht es nun weiter?
Aktuell werden die Mini-Antikörper für klinische Tests vorbereitet, damit sie in naher Zukunft therapeutisch eingesetzt werden können. Dann würden sie vor allem schwer Erkrankten zugutekommen und jenen, die nicht geimpft wurden oder keinen effektiven Impfschutz aufbauen konnten.
Das Forscherteam hält es für möglich, dass die Nanobodies von Patienten inhaliert werden könnten, um das Virus in den Atemwegen anzugreifen. Geforscht wird auch noch an unterschiedlichen Designs der Nanobodies – sie können quasi im Einzelpack, aber auch im Tandem oder Dreierpack eingesetzt werden.
Verwendete Quellen:
- Max-Planck-Gesellschaft: Hochwirksame und stabile Nanobodies stoppen Sars-CoV-2.
- Deutsches Zentrum für Infektionsforschung: Antikörper
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