- Der Nobelpreis für Physik geht 2021 an den Deutschen Klaus Hasselmann, US-Forscher Syukuro Manabe und Italiener Giorgio Parisi.
- Die drei Klimaforscher werden für ihre physikalischen Modelle zum Erdklima ausgezeichnet.
- Der Mitgründer des Deutschen Klimarechenzentrums warnte schon 1992 vor den Folgen des weltweiten CO2-Ausstoßes.
Klimaforscher Klaus Hasselmann kann es kaum glauben, dass er in diesem Jahr gemeinsam mit zwei weiteren Wissenschaftlern den Physik-Nobelpreis erhalten soll. Der Anruf aus Stockholm habe ihn sehr überrascht, sagte der 89-jährige Hamburger der dpa.
Es sei am Dienstagvormittag gegen 11:00 Uhr gewesen, als der Leiter des Preisträgerkomitees auf dem Handy anrief. "Ich las gerade Zeitung und dann kam dieser Anruf. Ich dachte, ich träume, das kann doch nicht wahr sein, aber es scheint zu stimmen."
Wofür er den Preis bekomme, könne er im Detail gar nicht sagen. "Ich habe so viel gemacht, aber ich glaube, es ist wegen des Nachweises, dass der Mensch das Klima verändert hat."
Ende der 1970er-Jahre habe er sich die Frage gestellt, "kann man wirklich nachweisen, dass der Mensch das Klima schon geändert hat oder sind das natürliche Klimaschwankungen?" Den Beweis habe er durch seine Klimamodellierungen erbracht.
Hasselmann ist einer der Begründer der Klimaforschung
Der Hamburger gehört zu den Begründern der Klimaforschung. "Er ist sozusagen der Vater der Klimamodelle", sagte der Kieler Klimaforscher Mojib Latif, der bei dem jetzt geehrten Wissenschaftler promovierte.
Der 89-Jährige ist darüber hinaus auch ein Forscher, der die Politik schon vor rund 30 Jahren zum Handeln aufforderte. Nur mit "drakonischen Maßnahmen" zur Verringerung des weltweiten CO2-Ausstoßes könne ein globaler Temperaturanstieg noch vermieden werden, erklärte er schon 1992. Das zeigten Berechnungen des von ihm mitgegründeten Deutschen Klimarechenzentrums in Hamburg.
Dennoch wird der menschengemachte Klimawandel von einigen noch immer geleugnet. Umso erfreulicher sei es, dass es den jungen Menschen von Fridays for Future nun gelungen sei, das Thema in die breite Öffentlichkeit zu tragen, sagt Hasselmann. "Ich finde es ganz toll. Sie haben einen Weg gefunden, die Öffentlichkeit anzusprechen, den wir als Wissenschaftler nicht gefunden haben."
Zwar seien die Sorgen der jungen Generation angesichts der bereits sichtbaren Folgen der Erderwärmung durchaus berechtigt, sagte Hasselmann. Dennoch bleibe er optimistisch. "Ich hoffe, dass man allmählich jetzt wegkommt von den Treibhausgasen und hinkommt zu natürlichen Formen der Energieerzeugung, ohne dass es zu große Nachteile für die Wirtschaft gibt." Die Erzeugung erneuerbarer Energien sei ja schon lange bekannt.
Eigentlich wollte Hasselmann etwas ganz anderes erforschen
Eigentlich habe er seinen Forschungsschwerpunkt einst auf das physikalische Turbulenzproblem legen wollen, sagte er einmal der "Welt am Sonntag". Dieses sei jedoch von starken nichtlinearen Wechselwirkungen bestimmt. "Das Klimaproblem hingegen lässt sich mit schwächeren Wechselwirkungen beschreiben, es ist also einfacher", sagte Hasselmann.
Der 1931 in Hamburg geborene Physiker und Mathematiker studierte von 1950 bis 1955 an der Universität der Hansestadt. Er promovierte am Max-Planck-Institut für Strömungsforschung in Göttingen und habilitierte 1963 an der Universität Hamburg.
1966 wurde er zum Professor berufen und leitete von 1969 und 1972 das Institut für Geophysik der Universität Hamburg. Bis zu seiner Emeritierung 1999 war er Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Klimarechenzentrums.
Klimamodelle essenziell für Zukunftsprognosen
"Wenn wir etwas über das Klima der Zukunft wissen wollen, gibt es keinen anderen Zugang als über Klimamodelle" - diese Erkenntnis sei die Grundlage für die Gründung des Rechenzentrums im Jahr 1987 gewesen, sagte der Sprecher der Einrichtung, Michael Böttinger. Man habe damals ein starkes Rechnersystem für Klimamodellierungen gebraucht, das sowohl die Daten der Ozeane als auch die aus der Atmosphäre zusammenführen konnte.
Mit seinen Forschungsergebnissen war Hasselmann selbst zunächst über Jahre gar nicht zufrieden. Im US-Fachmagazin "Science" forderte er 1997, es müsse weiter geforscht werden, um die Frage zu klären, ob der Temperaturanstieg in den vorangegangenen 100 Jahren menschengemacht sei oder nur im Rahmen natürlicher Klimaschwankungen liege.
Die verwendeten Modelle seien wegen der Vielzahl einflussreicher Faktoren noch nicht realistisch genug. Politische Maßnahmen seien aber wegen der befürchteten Auswirkungen sofort erforderlich, meinte Hasselmann schon damals.
Großes Renommee in der Wissenschaft
Von seinen jüngeren Kollegen wird der Nobelpreisträger verehrt. "Hasselmann ist ein Ausnahmewissenschaftler, der das nie raushängen ließ. Er war immer bodenständig. Er hat junge Menschen wie mich gefördert", sagte Latif.
Hasselmanns Hamburger Kollegin Johanna Baehr bescheinigt ihm eine "unglaubliche Neugier und Offenheit". Sie erzählt, wie sie als Doktorandin mit ihm über den Entwurf ihrer Doktorarbeit diskutiert habe: "Ich habe ihn wunderbar umgänglich erlebt, er war sehr am wissenschaftlichen Nachwuchs interessiert."
Von der Auszeichnung wurde Hasselmann völlig überrascht. "Ich versuche weiterhin, das zu begreifen", wurde er kurz nach der Bekanntgabe der Preisträger von der schwedischen Nachrichtenagentur TT zitiert.
Wie er den Nobelpreis feiern werde, wisse er noch nicht richtig. "Zuerst muss ich Luft holen und sehen, was passiert", sagte der 89-Jährige. Der Nobelpreisträger ist seit 1957 mit der Mathematikerin Susanne Hasselmann-Barthe verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Beide Eheleute sind Liebhaber klassischer Musik. (sus/ank/dpa)
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