- Im Sommer scheinen Wetterberichte häufiger danebenzuliegen.
- Trügt das Phänomen oder gibt es eine Erklärung dafür?
- Ein Experte erklärt, wie es dazu kommt.
Nichts ist unbeständiger als das Wetter – außer vielleicht der Wetterbericht. Gerade in den letzten Wochen scheinen die Vorhersagen oft danebenzuliegen. Spielt das Wetter verrückt? Oder hat die Qualität der Vorhersagen tatsächlich abgenommen?
Uwe Kirsche vom Deutschen Wetterdienst (DWD) widerspricht dem deutlich: "Insgesamt ist die Qualität der Wettervorhersage in den ersten drei Tagen kaum noch zu steigern. Sie liegt bei ca. 90 Prozent."
"Aber die Qualität hängt von den Wünschen derjenigen ab, die eine Vorhersage haben wollen", fügt er augenzwinkernd hinzu. Kirsche macht an einem Beispiel deutlich, was er meint: "Wenn Sie wissen wollen, ob es morgen in Dresden regnen wird, dann kann ich Ihnen eine Trefferquote von fast 100 Prozent garantieren. Wenn Sie aber wissen wollen, ob es bei Ihnen in der Straße um 16:30 Uhr regnet, dann wird es schwieriger."
Im Sommer wird die Wettervorhersage schwieriger
Je kleinteiliger die Voraussage sein soll, desto schwieriger, erklärt Kirsche. Das gilt vor allem beim Niederschlag. Während zum Beispiel eine Hitzewelle das ganze Land für Tage betreffen kann, tritt Regen lokal auf.
Das gilt auch für den zurzeit auftretenden Starkregen. Deshalb könne man ihn nur sehr kurzfristig vorhersagen, sagt Kirsche und zieht einen anschaulichen Vergleich: "Wenn im Topf das Wasser kocht, kann ich garantieren, dass es Blasen gibt. Aber wo genau?"
Gerade bei den im Sommer typischen Gewittern ist eine exakte Vorhersage deshalb sehr schwierig. "Wir reden da von schnell aufkommenden Gewittern, die sich innerhalb einer halben Stunde bilden", sagt Kirsche. "Das sind heftige und kleinräumige Ereignisse. Und die sind schwierig vorherzusagen." Im Frühjahr oder Herbst dagegen hat die Meteorologie deutlich weniger mit solchen Wetterphänomenen zu kämpfen.
Ein Experte zeigt, welche Wetterphänomene gut vorauszusagen sind
Der Deutsche Wetterdienst sorgt nicht nur für die Daten, die als Grundlage der Vorhersage in ARD und ZDF dienen. Die Behörde beliefert auch einzelne Nutzer wie etwa Landwirtschaft, Bau oder Schifffahrt. Und für diese bedeutet ein exakter Wetterbericht oft bares Geld.
"Am besten wollen alle wissen, ob es in einer Woche bei ihnen regnen wird", klagt Kirsche. "Doch da gibt es physikalische Grenzen."
Andere Wetterphänomene lassen sich sehr gut vorhersagen, wie zum Beispiel Stürme. Diese treten aber typischerweise im Herbst auf. Kirsche nennt als Beispiel den Orkan Kyrill, der 2007 für starke Verwüstung gesorgt hatte, und schon früh von den Wetterdiensten beobachtet wurde.
Auch die topographischen Verhältnisse beeinflussen den Wetterbericht. "Es ist einfacher in der norddeutschen Tiefebene als in den Bergen", sagt Kirsche. "Dort können die Wolken quasi an einem Berg hängenbleiben, und im Tal dahinter sieht es ganz anders aus."
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Warum Wetter-Apps oft unzuverlässig sind
Wie genau eine Wettervorhersage ist, hängt auch davon ab, wo man sich informiert. Der klassische Wetterbericht in ARD und ZDF stützt sich zwar auf eine gute Datenbasis. Jedoch habe man dort nicht die Zeit, auf regionale Besonderheiten einzugehen, sagt Kirsche.
Wetter-Apps wiederum seien oft unzuverlässiger. Vor allem, wenn es sich um vorinstallierte Apps handelt. Diese seien nicht auf Deutschland programmiert, sondern nutzten globale Daten, die dementsprechend großflächiger seien.
Der Deutsche Wetterdienst führt täglich mehrere Berechnungen durch. Zwei Mal pro Tag entsteht dabei ein globales Wettermodell, viermal ein kleinteiligeres europäisches Modell und achtmal ein noch exakteres deutsches Modell.
Die Entwicklung von Hard- und Software hat die Qualität der Wetterberichte dabei stetig verbessert. "Alle zehn Jahre wird die Vorhersage um einen Tag besser", sagt Kirsche. Heißt: "Wenn sie heute eine Trefferquote von 90 Prozent haben, dann haben sie die selbe Quote in zehn Jahren einen Tag früher."
"100 Prozent wird es aber nie geben", fügt Kirsche hinzu. Trotzdem fühlt er sich in seiner Arbeit bestätigt: "In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Beschwerden massiv zurückgegangen."
Uwe Kirsche ist Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Uwe Kirsche
- Website des Deutschen Wetterdienstes
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