Im Oktober haben wir dank Zeitumstellung eine Stunde geschenkt bekommen. Jetzt geht es in die andere Richtung, Ende März wird zum Beginn der Sommerzeit die Nacht gekürzt. Göran Hajak, Psychiater in Bamberg, erklärt, was das für unseren Körper bedeutet und wie wir aufkommender Müdigkeit begegnen können.

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Herr Hajak, ist die Zeitumstellung gut für uns?

Göran Hajak: Biologisch ist die Zeitumstellung unserer Uhr eine Belastung für Körper und Seele, zumindest kurzfristig. Mittelfristig ist es aus medizinischer Sicht sinnvoll, weil wir unseren Lebensrhythmus den Lichtgegebenheiten anpassen. Das heißt im Frühjahr und Sommer, wenn die Sonne früh aufgeht, ist es das natürlich, dann die Arbeit zu beginnen. Durch die Zeitumstellung werden wir mehr in diese Richtung gelenkt. Wir haben aber heutzutage ein soziales Problem. Wir nutzen die langen Sommertage dazu, lange aufzubleiben.

Warum ist das negativ?

Es kann dazu führen, dass wir zu wenig Schlaf bekommen. Dennoch ist klar, dass wir leistungsfähiger sind, wenn wir unseren Biorhythmus den Jahreszeiten anpassen. Insofern ist die Umstellung der Uhr eine sinnvolle Sache. Problematisch wird es in der Übergangsphase. Viele Menschen die an Frühjahrsmüdigkeit leiden, haben so einige Tage, manche sogar bis zu vier Wochen, Probleme mit dem Aufstehen. Frühjahrsmüdigkeit ist ein von der Zeitumstellung unabhängiges Phänomen, welches bei etwa zwei Dritteln aller Menschen vorkommt. Die Hintergründe sind vielschichtig.

Aber generell empfinden Sie die Zeitumstellung als etwas Gutes.

Die Vorteile überwiegen. Dadurch entsteht mehr Lebensqualität, auch wenn es einigen schwer fällt, ihren Rhythmus umzustellen.

Was bedeutet die Jahreszeit für unseren Körper?

Das ist bei jedem Menschen etwas anders. Die Temperaturveränderung spielt eine Rolle. Sie führt dazu, dass sich die Gefäße weiten, was Schlappheit auslöst. Zum anderen gehört Vitaminmangel dazu. Bei den meisten Menschen ist das zwar nicht der Fall, trotzdem fehlt Vitamin D einigen Menschen im Frühjahr. Das zeigt sich in Symptomen wie Müdigkeit oder Schlappheit. Wegen der Kälte führt der Winter zu körperlicher Erschöpfung, in diesem Jahr überlagert durch Virusinfektionen. Viele, die an einer Grippe erkrankt waren, leiden noch über Wochen an Müdigkeit und fühlen sich geschwächt. Die Zeitumstellung kommt in dieser Situation noch dazu.

Wen treffen die Zeitumstellung und die Frühjahrsmüdigkeit besonders?

Die Frühjahrsmüdigkeit kann jeden treffen. Das liegt daran, dass viele Menschen für die Wintererschöpfung empfänglich sind. Es gibt ganz wenige, die das gut überstehen. Ich denke, dass gerade für Schüler diese Umstellung ein Horror ist. Teenagern fällt es schwer, ihren Rhythmus umzustellen. Junge Menschen, zwischen zwölf und 25 Jahren, fällt es schwer, morgens aufzustehen und pünktlich in die Schule, zur Arbeit oder zur Vorlesung zu kommen. Das ist ein normaler biologischer Verlauf, der im Biorhythmus junger Menschen steckt. Wenn sie dann noch früher aufstehen müssen, fällt ihnen die Umstellung besonders schwer.

Sind ältere Personen stärker betroffen?

Nein, Frühjahrsmüdigkeit ist kein Phänomen älterer Menschen. Es ist im Gegenteil so, dass Rentner die Möglichkeit haben, sich mehr auszuruhen und zu erholen. Frühjahrsmüdigkeit merken vor allem solche Personen, die beruflich aktiv sind. Dort wird etwas verlangt, was dem Körper schwerer fällt, als es noch vor einem halben Jahr der Fall war.

Wie können wir der Müdigkeit am besten vorbeugen?

Wir können die Müdigkeit bekämpfen, indem wir ein paar Regeln einhalten. Einmal, dass man, egal was man vorhat, pünktlich ins Bett geht, um sich den notwendigen Schlaf zu holen. Zum anderen sollte man sich, wenn man aufsteht, hellem Licht aussetzen. Am besten in den Dienst oder in die Schule gehen, nicht mit dem Bus fahren. Spazieren gehen, Luft holen und sich dem Licht aussetzen, das macht wach. Und zum anderen ist es wichtig, dass man viel Frisches isst. Vitamine und Früchte haben eine aktivierende Wirkung.

Hilft dabei Bewegung?

Man übersteht alles gut, wenn man den ganzen Winter hindurch weiter Sport betreibt. Wintersportler sind besser vor Frühjahrsmüdigkeit geschützt als solche, die nur im Büro oder zu Hause sind. Dort kann man sich schlecht gegen die Frühjahrsmüdigkeit wehren.

Professor Doktor Göran Hajak ist Chefarzt des Bamberger Klinikums und Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Schlafmedizin.
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